Zur Deeskalation des Ukraine-Konflikts müssen sich Putin und Biden bewegen -- It takes two to tango schreibt Andreas Zumach in seinem Kommentar und fordert von den Präsidenten konkrete Vereinbarungen zur Deeskalation ... Der seit Jahren ständig eskalierende Konflikt zwischen Russland und den Mitgliedsstaaten der NATO um die Ukraine hat einen kriegsgefährlichen Höhepunkt erreicht. Das für Dienstag angekündigte Gipfeltelefonat zwischen den Präsidenten Putin und Biden kann nur dann zu einer Entschärfung beitragen, wenn beide Seiten sich bewegen. ...es gibt auch andere Deeskalationsschritte, die die beiden Präsidenten bilateral vereinbaren oder auch unilateral unternehmen könnten: ... Am dringendsten wäre die sofortige Wiederbeitritt zum „Open Skies-Abkommen“ über vertrauensbildende Maßnahmen im Luftraum, den nach dem Austritt der USA unter Präsident Trump auch Russland aufgekündigt hatte. Wie dringend diese Maßnahme wäre, unterstreicht die Beinahe-Kollision eines russischen Passagierflugzeuges mit einem westlichen Aufklärungsjet über dem Schwarzen Meer am Samstag.
Abschreckende Übungen: B-52 Bomber fliegen bei „Steadfast Noon“
Über das Mitte Oktober 2020 durchgeführte NATO-Manöver „Steadfast Noon“ berichtete die FAZ am 17.10.: „Diese Übung ist ein wichtiger Test für die nukleare Abschreckung der Allianz“, sagte Stoltenberg. Die Übung sei defensiv und nicht gegen ein Land gerichtet. Die Nato suche nicht den Konflikt, sondern wolle den Frieden bewahren. Freilich fügte er hinzu: „In einer immer ungewisseren Welt, spielen unsere Nuklearkräfte weiterhin eine wichtige Rolle in unserer gemeinsamen Verteidigung….“
56 ehemalige Staats- und Regierungschefs, Außen- und Verteidigungsminister fordern Beitritt zum Atomwaffenverbot
Zur Eröffnung der 75. UNO-Generalversammlung der Vereinten Nationen – dem "Weltfriedenstag" am 21. September 2020 – haben 56 ehemalige Premierminister, Präsidenten, Außenminister und Verteidigungsminister aus 20 NATO-Ländern sowie Japan und Südkorea einen offenen Brief mit ihrer Forderung an die Staats- und Regierungschefs ihrer Länder veröffentlicht, dem 2017 von 122 Staaten ausgearbeiteten UNO-Vertrag über das Verbot von Atomwaffen beizutreten. Derzeit fehlen nur noch sechs Ratifizierungen, bis die Quote von 50 Vertragspartnern erfüllt ist und der Vertrag bindendes Völkerrecht wird. Zu den Unterzeichner*innen des offenen Briefes gehören ehemalige Premierminister von Kanada, Japan, Italien und Polen; ehemalige Präsidenten von Albanien, Polen und Slowenien; mehr als zwei Dutzend ehemalige Außenminister und mehr als ein Dutzend ehemalige Verteidigungsminister. Sie alle kommen aus Ländern, die sich geweigert hatten, das UNO-Atomwaffenverbot zu unterstützen, und deren Sicherheitspolitik letztlich auf der nuklearen Abschreckung beruht, entweder als Bündnispartner der NATO oder über bilaterale Garantien der USA. Zwei der Unterzeichner sind ehemalige Generalsekretäre der NATO: Javier Solana aus Spanien und Willy Claes aus Belgien. Auch Ban Ki-moon, ehemaliger Generalsekretär der Vereinten Nationen und ehemaliger Außenminister Südkoreas, hat unterzeichnet.
Jürgen Trittin: New Global Disorder, neue Rolle Europas
Aus Anlass der Münchener Sicherheitskonferenz hielt Jürgen Trittin an der Universität Bayreuth einen Vortrag über „die Rolle des politischen Westens in den internationalen Beziehungen“. Seine Thesen sind hochaktuell und geben eine kritischen und konkreten Überblick über einige Herausforderungen an eine europäisch orientierte Außenpolitik. Wir danken Jürgen Trittin für die Genehmigung, seinen Text weitgehend ungekürzt für unsere Website zu übernehmen:
ELN-Studie fordert von NATO-Außenministern Änderung des Abschreckungskonzepts
27.04.2018 – Sir Adam Thomson, britischer NATO-Botschafter 2014 bis 2016, nun der Direktor des European Leaders Network (ELN), fordert bei der Präsentation der ELN-Studie "Russia and NATO: How to overcome deterrence instability?" vom NATO-Außenministertreffen die Änderung des Abschreckungskonzepts, um die Gefahr einer militärischen Konfrontation zwischen Russland und der NATO zu vermeiden
Willy-Brandt-Kreis: „Der europäische Frieden ist in Gefahr!“
Anläßlich des NATO-Gipfels in Warschau am 8./9. Juli 2016 erneuerte der „Willy-Brandt-Kreis“ seine gemeinsam mit Egon Bahr im Sommer 2015 Sorge um die Gefahr “eines heraufziehenden russisch-euroatlantischen Großkonflikts, der in eine Katastrophe münden kann, wenn die sich bereits drehende Spirale des Wettrüstens, der militärischen Provokationen und konfrontativen Rhetorik nicht gestoppt wird.”
„Die zwischen Russland und der NATO eingetretene Eskalationsdynamik ist seither nicht zum Stillstand gekommen, die Rhetorik beider Seiten erinnert vielmehr und zunehmend an den Kalten Krieg. Neue Rüstungsprojekte und Manövertätigkeiten verstärken diesen Trend. Der Minsk II Prozess hat den erhofften Frieden in der Ostukraine bisher nicht bewirken können, auch ist ein Ende der Sanktionen nicht in Sicht…“
Die Erklärung in voller Länge (PDF): http://www.willy-brandt-kreis.de/pdf_16/wbk-zu-nato-gipfel-2016.pdf
Vereinigung deutscher Wissenschaftler zum NATO-Gipfel: „Deeskalation statt forcierte Aufrüstung“
Forderung an die Bundesregierung
Im Rahmen der Planung zum Ausbau der Raketenabwehr (European Phased Adaptive Approach; EPAA) sollte die Bundesregierung feststellen, dass die Raketenabwehr, deren Standort in Rumänien am 12. Mai in Dienst gestellt wurde und für die am 13. Mai in Polen der erste Spatenstich erfolgt ist, wegen der fehlenden iranischen Bedrohung nicht mehr erforderlich ist. Die weiteren Raketenabwehrpläne sollten überarbeitet und an die veränderte Bedrohungslage angepasst werden. Die aktuellen Kapazitäten (vier Aegis-Kreuzer und die in Betrieb genommene Abwehrstellung in Rumänien) reichen aus, um einer eventuellen Bedrohung mit konventionell-bestückten Raketen aus dem Mittleren Osten zu begegnen.
Parallele Gespräche mit Russland über neue vertrauens- und sicherheitsbildende Maßnahmen zum Abbau des massiv gestiegenen Misstrauens und über eine Nachfolgeregelung für den moribunden Vertrag über Konventionelle Streitkräfte in Europa haben dabei zunächst Vorrang. Ihnen sollten sobald als möglich Verhandlungen über die wechselseitige Abrüstung der verbleibenden substrategischen Nuklearwaffen folgen. Der INF-Vertrag muss in Kraft bleiben und seine Implementierungsprobleme kooperativ in der dafür vorgesehenen bilateralen Kommission geregelt werden.
Wir sind uns bewusst, dass die Bedrohungslage in den östlichen Mitgliedsländern der NATO anders eingeschätzt wird als in den übrigen Mitgliedsstaaten. Im Zeitalter nuklearer Massenvernichtungswaffen beruht jegliche Politik der Abschreckung aber letztlich auf der Drohung mit überregionalen, wenn nicht sogar globalen Folgen. Aus diesem Grund kann eine wirkungsvolle Sicherung von Grenzgebieten nur durch eine Kombination von regionalen Maßnahmen und einer Stabilisierung des übergreifenden politischen Raumes erreicht werden. Die Sicherheitspolitik muss sich an diesem Ziel orientieren.
Frank-Walter Steinmeier: Sicherheit durch Rüstungskontrolle statt Säbelrasseln
"Wir müssen mit unseren Partnern wieder verstärkt über den Nutzen von Abrüstung und Rüstungskontrolle für die Sicherheit in Europa sprechen....
Mehr als 70 Jahre Frieden in Europa, ... sind das kostbarste Gut, das wir haben. Ich jedenfalls werde dafür kämpfen, dass das nicht aufs Spiel gesetzt wird.“
Putin: NATO-Raketenschutzschirm ist eine „weltweite Bedrohung“
Willy-Brandt-Kreis: Zum bedrohten Frieden – für einen neuen europäischen Umgang mit der Ukraine-Krise
Europa braucht Russland und Russland braucht Europa. Der Willy-Brandt-Kreis sieht uns vor der Weichenstellung, in einen neuen, mehr oder weniger Kalten Krieg mit ungewisser Perspektive abzugleiten oder uns auf das Ziel einer gemeinsamen europäischen Friedensordnung zu besinnen. Die Zeit zum Handeln ist jetzt! Wir fordern daher innezuhalten und einen Neustart der Beziehungen mit Russland zu wagen, bevor es für Alle und Alles zu spät ist!