Vor vierzig Jahren, am 12. Juni 1982, versammelten sich eine Million Menschen im Central Park in New York und demonstrierten für die Beendigung des atomaren Wettrüstens. So etwas hatte es noch nie gegeben - es war nicht nur die größte Demonstration gegen Atomwaffen, sondern auch die größte politische Demonstration in der Geschichte der USA. ... Heute, vierzig Jahre danach, ist die Atomkriegsgefahr so groß wie noch nie seit der Kubakrise 1962. Wenn der brutale Krieg in der Ukraine nicht bald durch einen Waffenstillstand und eine politisch-diplomatische Lösung beendet wird, die die Sicherheit und Souveränität der Ukraine gewährleistet, kann die weitere Eskalation des Krieges zum Einsatz von Atomwaffen führen, sei es mit Absicht oder "versehentlich", sei es durch uns oder durch Russland. Trotz dieser akuten Gefahren leben wir mit verbreiteten Unwissen über die Atomkriegsgefahren.
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Ralf Stegner zur Diskussion “Wie weiter mit dem Atomwaffenverbotsvertrag?”
Aktuelle Entwicklung zum AVV in Anbetracht des Krieges aus deutscher Sicht: - Der russische Angriff auf die Ukraine wirft Frage nach Nutzen und Gefahr der nuklearen Abschreckung auf. - Status des AVV: der AVV aber bisher nur für die 61 Vertragspartner, die ihn ratifiziert haben, darunter ist keine der Atommächte und ihrer Verbündeten – also auch nicht Deutschland. - Lösungsansatz wäre: alle Staaten treten dem seit dem 21. Januar 2021 in Kraft getretenen Atomverbotsvertrag (AVV) bei. Zur Rolle/Bedeutung des AVV: Der Vertrag soll den Besitz, die Übernahme der Verfügungsgewalt, aber auch Finanzierung, Transport und Herstellung von Atomwaffen für die unterzeichnenden Staaten verbieten. Perspektive: Atomwaffen sollen geächtet werden, so wie es mit anderen Waffen in der Vergangenheit bereits gelungen ist: Landminen und Streumunition, Chemie- und Biowaffen. Der Krieg mitten in Europa, erschütternde russische Kriegsverbrechen an der ukrainischen Zivilbevölkerung und der überwunden geglaubten Imperialismus, der Grenzen verschieben will, haben Olaf Scholz dazu veranlasst, in seiner Regierungserklärung zur Ukraine eine „Zeitenwende“ in der deutschen Sicherheitspolitik und ein umfassendes Ausrüstungsprogramm anzukündigen.
Erklärung des Vorstands der Martin-Niemöller-Stiftung: Runter von dem Irrweg der Eskalation im Ukraine-Krieg!
In der Tradition der Ersten Ökumenischen Vollversammlung in Amsterdam 1948 sagen wir: „Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein!“
Wir verurteilen den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine auf das Schärfste! Nach langen Wochen des Krieges stellen wir fest: Die Erwartung einer besseren Position der Ukraine für einen Verhandlungsfrieden durch die Lieferung von immer mehr und immer gefährlicheren Waffen führt in die Irre, weil sie eine letztlich unkontrollierbare Eskalation des Krieges und eine Gefahr für den Weltfrieden bis hin zur Gefahr eines Weltkrieges mit sich bringt. Mit jedem weiteren Tag verlängern und steigern sich die Leiden der Bevölkerung und der Soldaten. Durch Waffenlieferungen werden Kriege befeuert und nicht beendet. Als Christ*innen suchen wir im Vertrauen auf Gottes Zuspruch nach Alternativen zum gegenwärtigen Streben nach Absicherung durch Abschreckung, Gewalt und Drohungen. Wir suchen Alternativen, die nicht gegeneinander, sondern miteinander gemeinsame Sicherheit und Frieden in Europa ermöglichen. Wie alle, die sich persönlich und ernsthaft in Gesellschaft, Kirchen und Politik um Klarheit bemühen, müssen wir uns mit Zweifeln und Irritationen auseinandersetzen. Wir fordern aus ethischen und Gründen der Vernunft: Es müssen unverzüglich ernsthafte Verhandlungen über einen Waffenstillstand eingeleitet werden. …
Harald Kujat: “Hört auf, von Sieg oder Niederlage zu sprechen, macht Verhandlungsfrieden, um Leid und Zerstörung zu beenden”
Am 01.Mai 2022 veröffentlichten die Carl Friedrich von Weizsäcker-Gesellschaften ein Memorandum Angesichts des Krieges in der Ukraine und um die Ukraina: Eine Stimme für den Primat der Vernunft -- u.a. mit einer Mahnung an die die "Pflicht der Politik": «Krieg kann und darf Politik nicht ersetzen; die Politik ist in der Pflicht alle Möglichkeiten zu nutzen, den Krieg in der Ukraine und um die Ukraine nicht in einen dritten „Großen Krieg“ entgleiten oder treiben zu lassen...» Über den Hintergrund das Memorandums wurde General a.D. Harald Kujat am 05. Mai 2022 von Volker Resing (Cicero.de) befragt. Wir danken Harald Kujat für die Bereitstellung des Wortlauts seines Interviews.
Jeffrey Sachs: Verhandeln statt Zermürbungskrieg in der Ukraine
In den Medien der USA melden sich vermehrt Stimmen, die vor einer Fortsetzung der seit einigen Wochen geänderten Strategie warnen, auf "Sieg" zu setzen. Am 11. Mai veröffentlichte die New York Times einen Artikel Amerika und seine Verbündeten wollen Russland ausbluten. Sie sollten das wirklich nicht: "Die westliche Unterstützung der Ukraine diente zunächst vor allem der Abwehr der Invasion. Sie verfolgt nun einen viel weiter gehenden Anspruch: Russland selbst zu schwächen." Auch die TAZ forderte in einem Leitartikel "Die Ukraine muss gewinnen". NTV berichtete, "Das neue Kriegsziel heißt 'Sieg der Ukraine'; zwar gebe es "In der Bundesregierung Zweifel, ob das realistisch ist", aber Außenministerin Baerbock setze auf Sieg mit russischem Abzug aus "der 2014 annektierten Halbinsel Krim".
Im Unterschied dazu erklärte sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj «viel vorsichtiger. "Das Minimum ist, unsere Gebiete mit dem Stand vom 23. Februar wiederzubekommen", sagte er in einer Video-Schalte beim Thinktank Chatham House mit Blick auf den Start der Invasion am 24. Februar. Das würde etwa die Halbinsel Krim ausklammern», berichtete NTV. Am 10. Mai berichtete The Guardian zufolge, Selenskyj wolle die seit dem 29. März abgebrochenen direkten Gespräche mit Russland wieder aufzunehmen: "Als Präsident bin ich bereit, mit Putin zu sprechen, aber nur mit ihm. Ohne einen seiner Vermittler. Und im Rahmen des Dialogs, nicht der Ultimaten." Und er verlangte als Voraussetzung für Friedensverhandlungen von Putin nicht die Rückgabe der 2014 annektierten Krim, sondern: "verlassen Sie das Gebiet, das Sie seit dem 24. Februar besetzt halten". Am 10. Mai 2022 hatte sich Jeffrey Sachs erneut mit einem mahnenden Beitrag zu Wort gemeldet - der offenbar im Interesse einer internationalen Verbreitung auch in deutscher, russischer und chinesischer Sprache veröffentlicht wurde:
Peter Brandt: Rede auf der Abschlusskundgebung des Frankfurter Ostermarschs am 18. April 2022
Wir dokumentieren Peter Brandts Rede zum Abschluss des Ostermarsches auf dem Römerberg in Frankfurt – weil sie nicht nur ein persönliches, sondern vor allem ein historisches Dokument ist: Auf nur wenigen Seiten analysiert er die Entwicklung der Welt seit 1962, als sie während der der Kuba-Krise am Rande des Atomkriegs stand, über die Überwindung der Atomkriegsgefahren in den Jahren danach durch Vertrauensbildung, Rüstungskontrolle und Entspannungspolitik bis hin zur Politik der «Gemeinsamen Sicherheit», die seit 1990 immer mehr „vergessen“ wurde, die aber heute, 2022, wieder dringlicher denn je ist, um aus dem Teufelskreis von Russlands Krieg gegen die Ukraine, Wettrüsten und realer Atomkriegsgefahr herauszukommen….
Hamburger Erklärung der IPPNW: Im Sturm den Friedenskurs halten!
Friedensnobelpreisträger-Organisation IPPNW verabschiedet Resolution zum Jahreskongress 2022.
Die deutsche
Jeffrey D. Sachs: Auf den Krieg in der Ukraine gibt es nur eine Antwort – ein Friedensabkommen!
Prof. Jeffrey D. Sachs, u.a. Sonderberater des UN-Generalsekretärs und Präsident des UN Sustainable Development Solutions Network, hat gegenüber CNN seine Einschätzung zu den Vorstellungen von einem militärischen "Sieg" im Ukraine-Krieg gegeben. Wir danken Jeffrey Sachs für das Einverständnis, seinen ins Deutsche übersetzten Beitrag auf unserer Website zu veröffentlichen:
Olaf Scholz im SPIEGEL: »Es darf keinen Atomkrieg geben«
Scholz: Für Deutschland war es ein tiefgreifender Kurswechsel, als ich angekündigt habe, Waffen in dieses Kriegsgebiet zu liefern. Das möchte ich festhalten. Viele, die diesen Schritt früher kategorisch abgelehnt haben, überbieten sich jetzt mit Forderungen, noch viel mehr zu liefern – ohne die genaue Sachlage zu kennen. Das nehme ich zur Kenntnis. Aber in dieser Lage braucht es einen kühlen Kopf und gut abgewogene Entscheidungen, denn unser Land trägt Verantwortung für Frieden und Sicherheit in ganz Europa. Ich halte es nicht für gerechtfertigt, dass Deutschland und die Nato Kriegsparteien in der Ukraine werden. SPIEGEL: Das fordert Kiew gar nicht, man bittet verzweifelt um Waffen. Wovor haben Sie Angst? Scholz: Noch mal: Wir liefern Waffen, und viele unserer Verbündeten tun es auch. Es geht doch nicht um Angst, sondern um politische Verantwortung. Eine Flugverbotszone einzuführen, wie gefordert wurde, hätte die Nato zur Kriegspartei gemacht. Ich habe einen Amtseid geschworen. Ich habe sehr früh gesagt, dass wir alles tun müssen, um eine direkte militärische Konfrontation zwischen der Nato und einer hochgerüsteten Supermacht wie Russland, einer Nuklearmacht, zu vermeiden. Ich tue alles, um eine Eskalation zu verhindern, die zu einem dritten Weltkrieg führt. Es darf keinen Atomkrieg geben. SPIEGEL: Was lässt Sie denken, dass Panzerlieferungen aus Deutschland diese furchtbaren Konsequenzen hätten? Scholz: Es gibt kein Lehrbuch für diese Situation, in dem man nachlesen könnte, ab welchem Punkt wir als Kriegspartei wahrgenommen werden. Das Buch wird täglich neu geschrieben, manche Lektionen liegen noch vor uns. Umso wichtiger ist es, dass wir jeden unserer Schritte genau überlegen und eng miteinander abstimmen. Eine Eskalation in Richtung Nato zu vermeiden, hat für mich höchste Priorität. Deshalb schiele ich nicht auf Umfragewerte oder lasse mich von schrillen Rufen irritieren. Die Konsequenzen eines Fehlers wären dramatisch.
16.03.2022 – Interview mit General a.D. Harald Kujat: “Gravierender Mangel an Diplomatie”
Am 16. März 2022 gab der ehemalige Vorsitzende des Nato-Militärausschusses, ex-General Kujat ein Interview über den Ukraine-Krieg mit einer Reihe von Forderungen an die Diplomatie. Seine Kritik mit Blick auf Kiew: „Es sind viele Hoffnungen geweckt worden, die nicht erfüllbar sind.” Er fordert Verhandlungen im Nato-Russland-Rat, um einen Waffenstillstand im Krieg Russlands gegen die Ukraine zu erreichen. Im folgenden Auszüge aus dem Interview mit Harald Kujat, das Hans-Jürgen Deglow von der Heilbronner Stimme führte:
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