Am 4. Februar 2018 warnte Bundesaußenminister Sigmar Gabriel in einer Pressemitteilung anlässlich der Veröffentlichung der US-Nuklearstrategie: „Die Entscheidung der US-Regierung für neue taktische Atomwaffen zeigt, dass die Spirale eines neuen atomaren Wettrüstens bereits in Gang gesetzt ist. Wie in Zeiten des Kalten Krieges sind wir in Europa besonders gefährdet. Deshalb müssen gerade wir in Europa neue Initiativen für Rüstungskontrolle und Abrüstung starten.
Bremische Bürgerschaft fordert deutschen Beitritt zum UN-Atomwaffenverbot
Am 05. Dezember 2017 beschloss die Bremische Bürgerschaft die Begrüssung der Verleihung des Friedensnobelpreises an ICAN und die Forderung an den Bremer Senat, sich auf Bundesebene für den deutschen Beitritt zum UN-Atomwaffenverbot einzusetzen. Der Beschluss informiert über die Rolle von ICAN bei der Begleitung der Vorbereitungen für den UN-Vertrag für ein Atomwaffenverbot und dass auf der UN-Generalversammlung im September 2017 zunächst 53 Staaten, darunter Österreich, den Vertrag unterzeichneten. Weder die Atommächte, noch die NATO-Staaten, mit Ausnahme der Niederlande, hätten an der Aushandlung und Abstimmung teil teilgenommen, und auch Deutschland habe den UN-Atomwaffenverbotsvertrag” bisher nicht unterzeichnet.” Im Einzelnen fordert die Bremische Bürgerschaft (Landtag):
- Die Bremische Bürgerschaft (Landtag) begrüßt die Verleihung des Friedensnobelpreises an die Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) für ihre Arbeit, Aufmerksamkeit auf die katastrophalen humanitären Konsequenzen von Atomwaffen zu lenken und für ihre bahnbrechenden Bemühungen, ein vertragliches Verbot solcher Waffen zu erreichen.
- Die Bremische Bürgerschaft (Landtag) teilt die Ziele der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen und strebt eine Welt ohne Atomwaffen an.
- Die Bremische Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf, sich auf Bundesebene für eine deutsche Unterzeichnung und Ratifizierung des UN-Vertrages über das Verbot von Kernwaffen einzusetzen.
Hier der Originaltext
Ökumenischer Appell für deutschen Beitritt zu dem UN-Vertrag zum Verbot von Atomwaffen
Am 22.02.2018 informierte der Evangelische Pressedienst über einen ökumenischen Aufruf von Christen, die sich für die Aufnahme des Atomwaffenverbotes ins Grundgesetz einsetzen.
Wortlaut des Ökumenischen Appells: Wir sagen Nein zu Atomwaffen und zur atomaren Teilhabe Deutschlands
Für Europa rückt die Gefahr eines atomaren Wettrüstens auch dadurch wieder näher, dass amerikanische Politiker den INF- Vertrag von 1987 kündigen wollen, der die vollständige Vernichtung von amerikanischen Pershing- und russischen SS-20 Raketen vorsah. Washington und Moskau werfen sich heute gegenseitig vor, durch neue atomare Waffenentwicklungen gegen diesen INF- Vertrag zu verstoßen.
Lässt sich diese Eskalation stoppen, das Chaos vermeiden?
Die ICAN- Kampagne hat wesentlich dazu beigetragen, dass im Juli 2017 mehr als einhundertzwanzig Staaten bei den Vereinten Nationen in New York einem Vertrag zugestimmt haben, der Atomwaffen verbietet. Nach der Ratifizierung wird dieses Verbot geltendes Völkerrecht. Wir wissen, dass Verträge dieser Art nicht automatisch zur Abschaffung von Atomwaffen führen. Sich aber den Anstrengungen zu entziehen, Atomwaffen zu reduzieren, um sie letztlich abzuschaffen, ist nicht nur grob fahrlässig.
...Wir erinnern daran, dass im August 1990 beide deutsche Staaten vor den Vertretern von 147 Unterzeichnern des Atomwaffensperrvertrages feierlich erklärt haben, dass sie „ihre vertragliche und einseitige Verpflichtung bekräftigen, nukleare, chemische und biologische Waffen nicht herzustellen, sie zu besitzen oder über sie zu verfügen“. Diese Verpflichtung war damals ein entscheidender Beitrag für die Völkergemeinschaft, der Einheit Deutschlands zuzustimmen.
... das Argument des Außenministeriums, ohne Mitwirkung der Atommächte könne man dem Ziel einer atomwaffenfreien Welt sowieso nicht näher kommen, überzeugt nicht. Denn natürlich müssen Verhandlungen mit den Atommächten zur nuklearen Abrüstung folgen....
William J. Perry: Vertrag zum Atomwaffenverbot ein Signal der Wende zur Abschaffung der Atomwaffen
Der ehemalige US-Verteidigungsminister William J. Perry bezeichnet den UN-Atomwaffenvertrag als "klare Vision für eine sicherere Welt" und "starken moralischen Imperativ gegen den Besitz von Atomwaffen. Er verbindet das mit der Forderung an Atommächte, die "verbliebenen acht Staaten" zu drängen, endlich das umfassende Atomteststoppverbot (CTBT) zu ratifizieren und die Einführung destabilisierender neuer Atomwaffen zu stoppen.
ZEIT-Dossier über das neue atomares Wettrüsten: Die Eskalation – Werden wir einen Atomkrieg erleben?
Im Dossier der ZEIT vom 14. Februar 2018 veröffentlichten die drei aussenpolitischen Redakteure der ZEIT, Jochen Bittner, Matthias Naß und Gero von Randow, einen ausführlichen Bericht über die Gefahren des neue angelaufenen nuklearen Wettrüstens. Ihre Analyse erinnert an die schlimmsten Zeiten des Kalten Krieges.
Text der Entschließung des Europäischen Parlaments zum Atomwaffenverbot (Auszüge)
"Das Europäische Parlament ...begrüßt die ... Empfehlung an die Generalversammlung der Vereinten Nationen, 2017 eine allen Staaten offenstehende Konferenz einzuberufen, auf der über ein rechtsverbindliches Instrument zum Verbot von Kernwaffen mit dem Ziel ihrer vollständigen Beseitigung verhandelt werden soll ... (und) beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung den Mitgliedstaaten, der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Rat und der Kommission sowie dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, ... und den Parlamenten der fünf ständigen Mitglieder des VN-Sicherheitsrats zu übermitteln."
Werner Sonne: Atomwaffen im Koalitionsvertrag – Die Bombe bleibt
Im Magazin CICERO setzt sich Werner Sonne, 1978-81 und 1992-97 ARD-Korrespondent in Washington, mit Formulierungen im Koalitionsvertrag zum Thema Atomwaffen auseinander:
Die Zukunft der US-Atombomben auf deutschem Boden wurde bei den Koalitionsverhandlungen unter der Decke gehalten. Nun unterstützen Union und SPD, dass amerikanische Nuklearwaffen weiter in Deutschland stationiert sein und sogar modernisiert werden dürfen. Damit bleibt Deutschland ein atomarer Falke.
Die SPD hat auch bei der Atombombe die Kurve gekriegt. Erst wollte sie keine Große Koalition, und auch keine Atombomben mehr in Deutschland. Und nun bleiben die 20 amerikanischen Nuklearwaffen doch da, wo sie schon seit 60 Jahren liegen: beim taktischen Luftwaffengeschwader 33 in Büchel in der Eifel. ….
… Beim Nato-Gipfel in Warschau war es, ebenfalls 2016, die deutsche Delegation, die darauf drängte, dass die westliche Allianz sich erneut zur ihrer nuklearen Rolle bekannte. Wörtlich heißt es da: „Solange Nuklearwaffen existieren, will die Nato eine nukleare Allianz bleiben. Die strategischen Streitkräfte der Allianz, besonders die der Vereinigten Staaten, sind die oberste Garantie der Sicherheit der Allianz.“
Das bringt es auf den Punkt. Der Artikel 5, die Beistandsklausel, ist der Kern der Verteidigungsallianz – und deren Kern wiederum ist die Zusicherung, im Extremfall die Verteidigung ihrer Mitglieder mit Atomwaffen zu erzwingen. …
Modernisierung der US-Waffen
Schon 2010 hat die Bundesregierung insgeheim zugestimmt, dass die in Büchel liegenden amerikanischen Atombomben modernisiert werden. …. Offiziell heißt es „Lebensverlängerungsprogramm“.
Dabei ist dieses Programm hochpolitisch und brisant. Denn die bisherige B-61-4-Bombe bekommt neue Fähigkeiten. Sie bekommt, jetzt als B-61-12, erstmals eine lenkbare Schwanzflosse, ihre Zielgenauigkeit verbessert sich von 100 auf nur noch 30 Meter. Ihre Sprengkraft ist regelbar: Von gewaltigen 50 Kilotonnen (das gut Dreieinhalbfache der Hiroshima-Bombe) auf nur schmale 0,3 Kilotonnen – je nach Einsatz. Will heißen: Es können damit sehr große, aber auch sehr kleine Ziele angegriffen werden. Im Urteil der Kritiker steigt damit die Wahrscheinlichkeit, dass sie auch eingesetzt werden könnte.
…. Das passt genau zur neuen Nuklearstrategie der Regierung von Donald Trump, die Aufregung in Berlin verursachte, als sie bekanntmachte, dass sie wieder verstärkt auf schwächere Atomwaffen setzt – ausdrücklich zur Abschreckung Russlands.
Natürlich wählt der Koalitionsvertrag bei diesem brisanten Thema vorsichtige Worte. „Solange Kernwaffen als Instrument der Abschreckung im Strategischen Konzept der Nato eine Rolle spielen, hat Deutschland ein Interesse daran, an den strategischen Diskussionen und Planungsprozessen teilzuhaben“, heißt es da. … „Erfolgreiche Abrüstungsgespräche schaffen die Voraussetzung für einen Abzug der in Deutschland und Europa stationierten taktischen Nuklearwaffen.“ Erfolgreiche Abrüstungsgespräche sind freilich nicht in Sicht – ein Abschaffen der Bomben auch nicht. Ganz im Gegenteil.
Moskau auf der Anklagebank
Es besteht die Gefahr einen dramatischen neuen Aufrüstungsrunde – und auch hier muss sich die Bundesregierung aus der Deckung wagen. Der Abrüstungsvertrag über die komplette Abschaffung von atomaren Mittelstreckenraketen, als INF-Vertrag bekannt, könnte platzen – das wäre ein Desaster historischen Ausmaßes. Russland steht hier am Pranger. Laut Geheimdiensten haben die Russen mit der SXX-8 bereits eine neue Mittelstreckenrakete stationiert, die mit über 500 Kilometern Reichweite den Vertrag verletzt. Anders als die USA hat sich die Bundesregierung dazu bisher mit Kritik zurückgehalten. Das geht jetzt nicht mehr.
Im Koalitionsvertrag nimmt sie erstmals deutlich Stellung. Berlin will unbedingt am INF-Vertrag festhalten, denn Deutschland wäre sonst wieder einmal direkt betroffen, wenn diese Gattung Atomwaffen wieder eingeführt würde. „Eine vollständige Überprüfbarkeit ist essenziell. Ein russischer Vertragsbruch, für den es begründete Sorgen gibt, hätte erhebliche Auswirkungen, weil derartige Waffen jedes Ziel in Europa erreichen könnten“, heißt es jetzt im Koalitionspapier. Damit schlägt sich nach langem Zögern die Bundesregierung auf die Seite der Trump-Regierung und setzt Moskau auf die Anklagebank.
Die Zeit drängt
…. Die deutsche Sicherheitspolitik wird nicht im Verteidigungsministerium sondern im Auswärtigen Amt gestaltet. Der neue Außenminister… wird gut zu tun haben, wenn es um die Frage geht, wie man in Zukunft mit dem heiklen Thema Atomwaffen umgehen will. …
weitere Informationen:
Rolf Mützenich zum Koalitionsvertrag: “wegweisend für gerechte und friedensorientierte Außenpolitik”
08.02.2018 -- Rolf Mützenich, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD begründet, warum er den Koalitionsvertrag für einen "Meilenstein für ein verantwortungsbewusstes Deutschland" hält: Frieden schaffen, Europa einen, Globalisierung gerecht gestalten und die Welt sicherer machen – diese Ziele haben uns geleitet...
Willy-Brandt-Kreis zur „Nuclear Posture Review“: Das nukleare Wettrüsten kehrt zurück und muss verhindert werden!
Aus Anlass der bevorstehenden Veröffentlichung der „Nuclear Posture Review“ der Trump-Administration hat der Vorstand des Willy-Brandt-Kreises vor den Folgen des neuen Wettrüstens u.a. mit „stärker nutzbaren Nuklearwaffen“ gewarnt. "Die europäischen Verbündeten und allen voran die Bundesregierung müssen deutlicher für den Erhalt der jahrzehntelang erfolgreichen Rüstungskontrollregime" eintreten.
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