Seien wir ehrlich: Die Wenigsten von uns haben damit gerechnet, dass Russland die Ukraine angreifen würde. Ich selbst habe es nicht für undenkbar, aber für äußerst unwahrscheinlich gehalten – wie auch die meisten Experten – und in dem Truppenaufmarsch noch Mitte Februar 2022 eine Drohkulisse gesehen. Alle moralischen Gesichtspunkte beiseite gelassen, war vorhersehbar, dass die militärische ›Spezialoperation‹ die NATO zusammenschweißen und die Führungsrolle der USA im ›Westen‹ wie seit langem nicht mehr befestigen würde. Dieser Effekt ist sogar überboten worden durch den schnellen Beitritt Schwedens und Finnlands zum Atlantischen Bündnis, zweier Staaten mit einer über zweihundertjährigen bzw. beinahe achtzigjährigen Tradition blockfreier Außen- und Verteidigungspolitik.
Archiv für August 2022
IPPNW: Ukrainekrieg durch Diplomatie beenden
Die Friedensnobelpreisträger-Organisation IPPNW fordert mit Blick auf den Antikriegstag am 01. September, den Fokus nach mehr als 6 Monaten Ukrainekrieg auf eine Verhandlungslösung zu richten. Das heute veröffentlichte IPPNW-Papier "Waffenstillstand und Frieden für die Ukraine" gibt einen Überblick über bestehende Vorschläge und mögliche Schritte, den Krieg in der Ukraine durch Diplomatie statt durch Waffen zu beenden. Das Papier soll einen Beitrag zu einer konsequenten Suche nach friedlichen Mitteln zur Konflikttransformation leisten. Initiativen für eine Verhandlungslösung sind beispielsweise der Zehn-Punkte-Plan von Istanbul sowie der Friedensplan Italiens und der Vorschlag einer internationalen Arbeitsgruppe im Vatikan.
Friedenskooperative – Antikriegstag 2022: Stoppt die Kriege!
Am Donnerstag, dem 1. September, findet der jährliche Antikriegstag statt. Bei zahlreichen Veranstaltungen erinnern Gewerkschaften und Friedensgruppen an den deutschen Überfall auf Polen vor 83 Jahren. Deutschlandweit finden dazu über 200 Veranstaltungen statt. Bei vielen Veranstaltungen steht in diesem Jahr, neben dem Gedenken, der völkerrechtswidrige russische Angriffskrieg auf die Ukraine im Mittelpunkt. Das Netzwerk Friedenskooperative stellt auch in diesem Jahr umfangreiche Informationen zum Antikriegstag auf seiner Website zur Verfügung
“Europas Kubakrise – der Ukrainekrieg legt die Schwächen der nuklearen Abschreckung offen”
Aus Anlass der Zehnten Überprüfungskonferenz des Nichtverbreitungsvertrag (NVV/NPT) im August 2022 analysieren die Friedensforscherinnen Caroline Fehl (HSFK), Maren Vieluf (IFSH) und der Friedensforscher Sascha Hach (HSFK, Mitbegründer von ICAN) die Entwicklung des NPY, die "drohende Erosion dieses Grundpfeilers der globalen Rüstungskontrolle" und die "Schattenseiten der nuklearen Abschreckung, die der Ukrainekrieg offenlegt":
Erklärung des Deutschen Gewerkschaftsbundes zum Antikriegstag am 1. September 2022
Für den Frieden! Gegen einen neuen Rüstungswettlauf! Die Waffen müssen endlich schweigen! „Nie wieder Krieg!“ – das ist und bleibt die Grundüberzeugung des DGB und seiner Mitgliedsgewerkschaften. Jeder Krieg ist ein Angriff auf die Menschheit und die Menschlichkeit. Aus dieser Überzeugung unterstützen wir die Friedensbewegung mit unserer gewerkschaftlichen Kraft.
Mit dem verbrecherischen Überfall der russischen Armee auf die Ukraine ist der Krieg zurück in Europa. Im Nahen und Mittleren Osten, in Afrika und anderswo wüten weiterhin, teilweise seit Jahrzehnten, Kriege und Bürgerkriege. Tod, Zerstörung und Flucht – so lautet ihre fürchterliche Bilanz. Die Waffen müssen endlich schweigen – überall auf der Welt!
Aufruf zum Antikriegstag 2022: Die Waffen müssen schweigen!
36 Sozialdemokraten/innen aus Bundestag, Europaparlament, SPD-Gliederungen, Gewerkschaften, Kirchen und Zivilgesellschaft haben einen gemeinsamen Aufruf zum Antikriegstag 2022 formuliert. Hier Auszüge aus dem Aufruf: Der völkerrechtswidrige und durch nichts zu rechtfertigende Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine dauert nun schon länger als ein halbes Jahr und hat unermessliches Leid und Zerstörung verursacht. Kriegsverbrechen wie die Angriffe auf Wohnhäuser, Einkaufszentren, Krankenhäuser, Universitäten und andere zivile Einrichtungen zeigen die ganze Abscheulichkeit des russischen Vorgehens. Deutschland und die EU sind solidarisch mit den Menschen in der Ukraine. Wir betonen das Selbstverteidigungsrecht der Ukraine und unterstützen politische, finanzielle, wirtschaftliche und militärische Maßnahmen, die zu einem schnellen Waffenstillstand und einem Ende dieses Kriegs beitragen. ...
General a.D. Harald Kujat: Kriegsende durch Diplomatie zur Sicherung des Bestehens und Wiederaufbaus der Ukraine
Kriegsende durch Diplomatie für das Bestehen der Ukraine und ihren Wiederaufbau zu sichern - das muss Hauptaufgabe der internationalen Politik sein. Zu diesem Ergebnis kommt Harald Kujat nach Auswertung der Debatten der letzten Wochen in Deutschland und den USA. Dabei stieß er auch auf Präsident Bidens Leitartikel für die New York Times am 31. Mai unter dem Titel "Was Amerika in der Ukraine tun und was es unterlassen wird", der zwar Ankündigung von massiven Waffenlieferungen enthielt, aber argumentativ eine Korrektur der seit Ende April propagierten militärischen "Siegstrategie" andeutete: "Wie der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij gesagt hat, wird dieser Krieg letztlich 'nur durch Diplomatie endgültig beendet werden.' " Kujat sieht darin eine "Abkehr von der eindimensionalen Strategie, den Krieg 'auf dem Schlachtfeld' zu entscheiden" und keine Unterstützung derjenigen in Deutschland, die immer noch lautstark eine "Sieg-im-Krieg"-Politik propagieren. Wir danken Harald Kujat, dass er uns seinen Diskussionsbeitrag zur Verfügung gestellt hat, der demnächst auch im "Hauptstadtbrief" erscheinen soll.
Peter Brandt zum Gedenken an den Atombombenabwurf über Hiroshima
Zum Jahrestag des Atombombenabwurfs über Hiroshima vor 77 Jahren hielt der Historiker Peter Brandt eine Ansprache beim Gedenken an der Weltfriedensglocke im Volkspark Friedrichshain. Wir dokumentieren die Rede im vollen Wortlaut, weil Peter Brandt die Information über historische Hintergründe des Beschlusses zur atomaren Vernichtung von zwei japanischen Städten und ihrer Bevölkerung 1945 verbindet mit einem Überblick über Entwicklung der Abschreckung, Widerstand gegen die Atomwaffen, die Strategie der Gemeinsamen Sicherheit, bis hin zur Schlussfolgerung des UN-Generalsekretärs aus seiner Warnung im August 2022: „Die Bedrohung durch einen Atomkrieg ist heute so real wie auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges … Die einzige Garantie dafür, dass Atomwaffen niemals eingesetzt werden, ist ihre Beseitigung.“