Dieses Buch sollte eigentlich Pflichtlektüre und Lehrbuch zugleich sein - um aus dem Erfahrungsschatz von Egon Bahr Lehren für die Wissenschaft wie für die praktische Politik zu ziehen. Nicht ohne Grund bezeichnete der ehemalige norwegische Außenminister Bjørn Tore Godal Bahr als "Architekt und Baumeister der Entspannungspolitik". Ob Entspannungspolitik, Kooperation und Rüstungskontrolle, Gemeinsame Sicherheit, die Aussöhnung mit den östlichen Nachbarn oder die Überwindung der deutschen Teilung als Problem der europäischen Teilung – zu jedem dieser Politikfelder bieten die Egon Bahrs Wege zur Lösung von Krisen und Konflikten weiterhin gültige Lehren für die konfliktträchtige Gegenwart wie auch für die Zukunft.
Hans Dahlgren: Egon Bahr und die Idee der Gemeinsamen Sicherheit
Hans Dahlgren, bis Oktober 2022 Schwedens Minister für EU Angelegenheiten, war seit 1977 Mitarbeiter und außenpolitischer Berater von Olof Palme und arbeitete mit Egon Bahr eng zusammen bei der Gestaltung des 1982 der UNO übergebenen Berichts der Palme-Kommission „Gemeinsame Sicherheit – ein Programm für die Abrüstung – Bericht der unabhängigen Kommission für Abrüstung und Sicherheitsfragen. Seine Erfahrungen aus der Zusammenarbeit mit Egon Bahr und auch Schlussfolgerungen für die Lösung von Krisen und Konflikten heute beschreibt Hans Dahlgren in seinem Beitrag zum Buch »… aber eine Chance haben wir«:
Naturfreunde-Debattenbeitrag zur Friedenspolitik: Plädoyer für ein System der gemeinsamen Sicherheit
Zum Debattenkonvent der SPD am 5. bis 6. November 2022:
NATURFREUNDE DEUTSCHLANDS DEBATTENBEITRAG ZUR FRIEDENSPOLITIK
Die doppelte Gefahr der Selbstvernichtung – Plädoyer für ein System der gemeinsamen Sicherheit
Bjørn Tore Godal: Egon Bahr aus nordischer Sicht – Architekt und Bauarbeiter der Entspannungspolitik
Björn Tore Godal, geb. 1945, ist norwegischer Sozialdemokrat und hat u.a. als norwegischer Minister für Außenhandel (1991-1994), Außenminister (1994-1997), Verteidigungsminister (2000/2001), norwegischer Botschafter in Deutschland (2003-2007) und Vorsitzender der norwegischen Kommission über Afghanistan 2001-2014 wesentlich zur Gestaltung norwegischen Friedens- und Sicherheitspolitik beigetragen. Im Buch zum 100. Geburtstag von Egon Bahr «…aber eine Chance haben wir» berichtet Bjørn Tore Godal über seine Erfahrungen mit Egon Bahr als „Architekt und Bauarbeiter der Entspannungspolitik“:
Ralf Stegner: Zeitenwende verlangt Neuordnung, Vorrang für Diplomatie, keine Militarisierung der Außenpolitik
Ralf Stegner, MdB, hat für die Diskussion der Parlamentarische Linken der SPD-Bundestagsfraktion elf Thesen für die "Neuordnung der Außen- und Sicherheitspolitik" formuliert. Das Papier macht klar, dass die Entspannungspolitik , "den Kalten Krieg und die europäische Teilung überwunden und die demokratischen Entwicklungen in vielen Staaten erst ermöglicht. Dass Willy Brandt genau dafür der Friedensnobelpreis verliehen worden ist, gehört zu den stolzen Traditionen der Sozialdemokratie." Auf dieser Grundlage fordert Stegner u.a.: "Wir sollten das Konzept „struktureller Nichtangriffsfähigkeit“ (Egon Bahr) zur präventiven Friedenssicherung neu konzipieren. Neben einer auf gemeinsame Sicherheit und Deeskalation sowie Vorrang der Diplomatie ausgerichteten Außenpolitik gehören Angebote für eine Kooperation bei Wirtschaft, Bildung und Wissenschaft dazu. Zivilgesellschaftliche Zusammenarbeit durch Jugendaustausch und Kultur können ein wesentlicher Faktor für zukünftige Friedenssicherung sein."
Ziel und Weg bleibt Gemeinsame Sicherheit – trotz alledem!
In seiner Eröffnungsrede der NPT-Überprüfungskonferenz am 01.08.2022 erklärte der UN Generalsekretär u.a.: „Die Bedrohung durch einen Atomkrieg ist heute so real wie auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges. …. Wir haben bisher sehr viel Glück gehabt. Aber Glück ist keine Strategie. Es schützt auch nicht vor den geopolitischen Spannungen, die überkochen und zu einem Atomkrieg führen könnten. … Mittlerweile befinden sich weltweit fast 13.000 Atomwaffen im Arsenal. Die einzige Garantie dafür, dass Atomwaffen niemals eingesetzt werden, ist ihre Beseitigung. - ...." Guterres warnte vor einem erneuten Scheitern der NPT-Überprüfungskonferenz...
Die mit der Aggression Russlands gegen die Ukraine am 24.02.2022 eingeläutete Zeitenwende hat bei einigen PolitikerInnen zum Wiederaufleben des Glaubens an die nukleare Abschreckung beigetragen. Allerdings war die Welt mit existierender „Abschreckung“ bereits mehrfach auf der Schwelle zum Atomkrieg – der nur durch ernsthafte Verhandlungen über atomare Abrüstung verhindert wurde. ... Lessons Learned von Kennedy, Bahr und Brandt: Entspannungspolitik ist kein Appeasement, sondern Realpolitik gegenüber potentiell gefährlichen Gegnern, um Spannungen und Kriegsgefahren zu reduzieren und „Gemeinsame Sicherheit“ auch zwischen erbitterten Gegnern zu schaffen…
Peter Brandt: Kein stabiler Frieden in Europa ohne Russland
Seien wir ehrlich: Die Wenigsten von uns haben damit gerechnet, dass Russland die Ukraine angreifen würde. Ich selbst habe es nicht für undenkbar, aber für äußerst unwahrscheinlich gehalten – wie auch die meisten Experten – und in dem Truppenaufmarsch noch Mitte Februar 2022 eine Drohkulisse gesehen. Alle moralischen Gesichtspunkte beiseite gelassen, war vorhersehbar, dass die militärische ›Spezialoperation‹ die NATO zusammenschweißen und die Führungsrolle der USA im ›Westen‹ wie seit langem nicht mehr befestigen würde. Dieser Effekt ist sogar überboten worden durch den schnellen Beitritt Schwedens und Finnlands zum Atlantischen Bündnis, zweier Staaten mit einer über zweihundertjährigen bzw. beinahe achtzigjährigen Tradition blockfreier Außen- und Verteidigungspolitik.
Peter Brandt zum Gedenken an den Atombombenabwurf über Hiroshima
Zum Jahrestag des Atombombenabwurfs über Hiroshima vor 77 Jahren hielt der Historiker Peter Brandt eine Ansprache beim Gedenken an der Weltfriedensglocke im Volkspark Friedrichshain. Wir dokumentieren die Rede im vollen Wortlaut, weil Peter Brandt die Information über historische Hintergründe des Beschlusses zur atomaren Vernichtung von zwei japanischen Städten und ihrer Bevölkerung 1945 verbindet mit einem Überblick über Entwicklung der Abschreckung, Widerstand gegen die Atomwaffen, die Strategie der Gemeinsamen Sicherheit, bis hin zur Schlussfolgerung des UN-Generalsekretärs aus seiner Warnung im August 2022: „Die Bedrohung durch einen Atomkrieg ist heute so real wie auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges … Die einzige Garantie dafür, dass Atomwaffen niemals eingesetzt werden, ist ihre Beseitigung.“
Bericht der internationalen Kommission für “Gemeinsame Sicherheit 2022” veröffentlicht
Das Konzept der gemeinsamen Sicherheit entstand 1982 als Ergebnis des unter der Leitung des schwedischen Premierministers Olof Palme in enger Zusammenarbeit mit Egon Bahr erarbeiteten Berichts „Gemeinsame Sicherheit – ein Programm für die Abrüstung – Bericht der unabhängigen Kommission für Abrüstung und Sicherheitsfragen.“ Wie wir bereits berichteten, wurde im Juni 2021 eine internationale Kommission "Common Security 2022" gegründet, um 40 Jahre nach der Veröffentlichung des Olof-Palme-Berichtes einen aktualisierten Bericht zu erarbeiten. Am 22. April 2022 wurde der Bericht „Gemeinsame Sicherheit 2022“ veröffentlicht:
Verleihung des Olof-Palme-Preises 2022
Der Olof Palme Gedenkfonds für internationale Verständigung und Gemeinsame Sicherheit verleiht den Olof-Palme-Preis 2022 am Sonntag, 30. Januar, ab 15.00 Uhr an Patricia Gualinga, der Anführerin des Kichwa-Volkes von Sarayaku im Amazonasgebiet von Ecuador. Den Preis erhält Patricia Gualinga als Auszeichung für ihren mutigen Einsatz im Kampf um Erhalt der Lebensbedingungen indigener Völker, das Recht der Natur und das Überleben des Amazonas, des größten Regenwaldes der Welt. Patricia Gualinga setzt mit ihrem politischen Handeln ein Beispiel, dass wir alle lernen müssen, mit der Natur zu leben und nicht gegen sie.