In seiner Ansprache am Friedensdenkmal, Hiroshima, 24. November 2019 bekräftigte Papst Franziskus seine Haltung zur nuklearen Abschreckung und zum UN-Atomwaffenverbot, das der Vatikan unterzeichnet und ratifiziert hat. Wir veröffentlichen hier einen Auszug aus der offiziellen Übersetzung des Vatikans:
Papst in Hiroshima: „Schon der Besitz von Atomwaffen ist unmoralisch
…Ich habe es als meine Pflicht betrachtet, als Pilger des Friedens an diesen Ort zu kommen, um im Gebet zu verweilen und der unschuldigen Opfer solcher Gewalt zu gedenken. Dabei trage ich im Herzen auch die Bittrufe und Anliegen der Männer und Frauen unserer Zeit, insbesondere der jungen Menschen, die sich nach Frieden sehnen, für den Frieden arbeiten, sich für den Frieden aufopfern. .….
Ich möchte mich in Demut zur Stimme all derer machen, deren Stimme nicht gehört wird und die mit Beunruhigung und Angst die wachsenden Spannungen beobachten, die unsere Zeit durchziehen, die unannehmbaren Gegensätze und Ungerechtigkeiten, die das menschliche Zusammenleben bedrohen, die schwerwiegende Unfähigkeit zur Sorge um unser gemeinsames Haus, den andauernden, krampfhaften Rückgriff auf Waffen, als ob diese eine friedliche Zukunft gewährleisten könnten.
Aus tiefer Überzeugung möchte ich bekräftigen, dass der Einsatz von Atomenergie zu Kriegszwecken heute mehr denn je ein Verbrechen ist, nicht nur gegen den Menschen und seine Würde, sondern auch gegen jede Zukunftsmöglichkeit in unserem gemeinsamen Haus. Der Einsatz von Atomenergie zu Kriegszwecken ist unmoralisch, wie ebenso der Besitz von Atomwaffen unmoralisch ist, wie ich schon vor zwei Jahren gesagt habe. Wir werden darüber gerichtet werden. Die neuen Generationen werden unser Scheitern verurteilen, wenn wir zwar über Frieden geredet, ihn aber nicht mit unserem Handeln unter den Völkern der Erde umgesetzt haben. Wie können wir von Frieden sprechen, während wir an neuen, furchtbaren Kriegswaffen bauen? Wie können wir über Frieden sprechen, während wir bestimmte illegale Handlungen mit diskriminierenden und hasserfüllten Reden rechtfertigen?….
Wenn wir tatsächlich eine gerechtere und sicherere Gesellschaft aufbauen wollen, müssen wir die Waffen aus unseren Händen legen: »Man kann nicht lieben mit Angriffswaffen in den Händen« (hl. Paul VI., Ansprache an die Vereinten Nationen, 4. Oktober 1965, 5). Wenn wir der Logik der Waffen nachgeben und uns von der Praxis des Dialogs entfernen, vergessen wir tragischerweise, dass die Waffen, noch bevor sie Opfer fordern und Zerstörung bewirken, böse Szenarien hervorrufen können; »sie erfordern maßlose Kosten; sie vereiteln Projekte der Solidarität und der nützlichen Arbeit; sie verstören das Seelenleben der Völker« (ebd., 5). Wie können wir Frieden anbieten, wenn wir beständig die Drohung eines Atomkrieges als legitimes Mittel zur Konfliktlösung einsetzen?….
Quelle: 24.11.2019, Vatican News, Im Wortlaut: Ansprache am Friedensdenkmal in Hiroshima