“Das Europäische Parlament…
…. in der Erwägung, dass die zentralen Ziele der Nichtverbreitung und Abrüstung gemäß den drei Säulen des Atomwaffensperrvertrags – Nichtverbreitung, Abrüstung und Zusammenarbeit bei der friedlichen Nutzung der Kernenergie – noch intensiver verfolgt werden müssen; in der Erwägung, dass manche Kernwaffenstaaten, die zu den Unterzeichnerstaaten des Atomwaffensperrvertrags zählen, ihr Kernwaffenarsenal modernisieren und ausbauen und Maßnahmen verzögern, die der Verringerung oder Beseitigung ihres Kernwaffenarsenals dienen und dazu beitragen würden, von ihrer Militärdoktrin der nuklearen Abschreckung abzurücken;…
in der Erwägung, dass durch Kernwaffenversuche und anderweitige Kernexplosionen der Frieden und die Sicherheit weltweit bedroht und die globalen Prozesse der atomaren Abrüstung und die Nichtverbreitungsvereinbarungen untergraben werden; in der Erwägung, dass der Vertrag über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (CTBT) das wirksamste Mittel ist, Kernwaffentests zu verbieten;…
in der Erwägung, dass im strategischen Konzept der NATO von 2010 und bei der Überprüfung der Abschreckungs- und Verteidigungsstrategie von 2012 vorgegeben wurde, dass die Voraussetzungen für eine Welt ohne Kernwaffen geschaffen werden sollen; in der Erwägung, dass im Rahmen der NATO-Abkommen über die nukleare Teilhabe oder bilateraler Abkommen nach wie vor in fünf NATO-Staaten, die nicht über Kernwaffen verfügen (Belgien, Deutschland, Italien, den Niederlanden und der Türkei), schätzungsweise 150 bis 200 US-amerikanische atomare Kurzstrecken-Freifall- Bomben, die als taktische oder substrategische Kernwaffen gelten, stationiert sind, und dass diese Waffen im Einklang mit der derzeitigen NATO-Strategie in diesen Ländern stationiert sind; ….
in der Erwägung, dass Russland im Gebiet Kaliningrad kernwaffenfähige Iskander- Kurzstreckenraketen stationiert hat und Manöver und Überflüge mit kernwaffenfähigen Systemen durchführt und dass durch die Erklärungen der russischen Führung über die Bedeutung der atomaren Abschreckung und durch Russlands Entscheidung, das 2000 mit den USA abgeschlossene Abkommen über den Umgang mit Plutonium auszusetzen,….
…. in der Erwägung, dass die DVRK 2003 ihren Austritt aus dem Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen verkündete, seit 2006 Atomtests durchführt und 2009 offiziell erklärte, sie habe eine Kernwaffe zur Abschreckung entwickelt, wodurch die Bedrohung ihrer Nachbarn in Nordostasien sowie des Friedens und der Sicherheit in der Region und weltweit zugenommen hat;
in der Erwägung, dass in der Europäischen Sicherheitsstrategie von 2003 erklärt wird, dass die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen potenziell die größte Bedrohung der Sicherheit der EU darstellt und auch die Gefahr eines Wettrüstens mit Massenvernichtungswaffen vergrößert und dass sich die EU dafür einsetzt, dass sich multilaterale Verträge universell durchsetzen und dass diese Verträge und ihre Kontrollmechanismen gestärkt werden; in der Erwägung, dass in der Globalen Strategie der EU von 2016 kein Bezug auf Massenvernichtungswaffen, die Nichtverbreitung von Kernwaffen und die Rüstungskontrolle enthalten ist;
…. in der Erwägung, dass die EU sich im Vorfeld der NVV-Überprüfungskonferenz von 2015 bedauerlicherweise nicht auf einen gemeinsamen Standpunkt zur nuklearen Abrüstung einigen konnte und zum ersten Mal einräumte, dass „unterschiedliche Sichtweisen“ zu den Auswirkungen von Kernwaffen geäußert worden seien;
… in der Erwägung, dass die EU in ihrer am 12. Dezember 2003 vom Europäischen Rat verabschiedeten Strategie gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen eindeutig zugesagt hat, alle ihr zur Verfügung stehenden geeigneten Instrumente einzusetzen, um Programme zur Verbreitung solcher Waffen, die weltweit Bedenken auslösen, zu verhindern, zu bekämpfen, auszusetzen und wenn möglich zu beenden….
in der Erwägung, dass das Engagement der Zivilgesellschaft in diesem internationalen Prozess in transparenter Form unterstützt und gestärkt werden muss;
fordert alle Kernwaffenstaaten auf, konkrete Übergangsmaßnahmen zu ergreifen, um das Risiko von Kernwaffendetonationen zu mindern, etwa indem die Zahl der einsatzbereiten Kernwaffen gesenkt wird – d. h. weniger Waffen stationiert und mehr Waffen in die Lager verbracht werden –, den Kernwaffen in Militärdoktrinen eine geringere Rolle zugeschrieben wird und sämtliche Arten von Kernwaffen rasch abgeschafft werden;
ist sehr besorgt über die potenziellen Verstöße gegen den Vertrag über nukleare Mittelstreckensysteme (INF-Vertrag); ….
begrüßt, dass die gemäß der Resolution 70/33 der Generalversammlung der Vereinten Nationen durchgeführten Arbeiten der offenen Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen zum Voranbringen der multilateralen Abrüstungsverhandlungen nunmehr abgeschlossen sind; begrüßt die im Abschlussbericht der Arbeitsgruppe (A/71/371) abgegebene und mit breiter Unterstützung am 19. August 2016 angenommene Empfehlung an die Generalversammlung der Vereinten Nationen, 2017 eine allen Staaten offenstehende Konferenz einzuberufen, auf der über ein rechtsverbindliches Instrument zum Verbot von Kernwaffen mit dem Ziel ihrer vollständigen Beseitigung verhandelt werden soll; weist darauf hin, dass hiermit die im NVV genannten Nichtverbreitungs- und Abrüstungsziele und -verpflichtungen gestärkt werden und ein Beitrag zur Schaffung der Voraussetzungen für globale Sicherheit und für eine atomwaffenfreie Welt geleistet wird;
ersucht die Mitgliedstaaten der EU, die Einberufung einer solchen Konferenz im Jahr 2017 zu unterstützen und sich konstruktiv daran zu beteiligen, und fordert die Vizepräsidentin und Hohe Vertreterin Federica Mogherini und den Europäischen Auswärtigen Dienst auf, einen konstruktiven Beitrag zu den Beratungen auf dieser Konferenz zu leisten;….
bedauert, dass Kernwaffen trotz gegenteiliger Hoffnungen erneut Einzug in die strategische Planung der Atommächte gehalten haben; fordert einen intensiveren Dialog mit allen Atommächten über ein gemeinsames Vorgehen, mit dem darauf abgezielt wird, den Bestand an Atomsprengköpfen schrittweise zu verringern; unterstützt insbesondere die Maßnahmen der USA und Russlands, gemäß dem neuen START- Vertrag die Zahl ihrer stationierten Kernwaffen zu verringern;
bedauert, dass seit dem Inkrafttreten des neuen START-Vertrags 2011 keine weiteren Verhandlungen über den dringend erforderlichen Abbau der stationierten und nichtstationierten Atomsprengköpfe geführt und – anders als zu einem früheren Zeitpunkt von den USA und der Russischen Föderation vereinbart – keine Maßnahmen zum Abbau und zur Beseitigung von nuklearen Kurzstrecken- und Gefechtsfeldwaffen, die als substrategische oder nichtstrategische Waffen gelten, ergriffen wurden;….
begrüßt, dass sich das EU-Konsortium für die Nichtverbreitung und andere zivilgesellschaftliche Organisationen und Denkfabriken regelmäßig mit diesen Themen auseinandersetzen, und fordert das Konsortium unter Leitung des Hauptberaters und Sondergesandten der EU für Nichtverbreitung und Abrüstung auf, sein Beschäftigungsfeld zu erweitern und sich auch dem Thema Abrüstung zu widmen;
beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung den Mitgliedstaaten, der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Rat und der Kommission sowie dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Hohen Kommissar der Vereinten Nationen für Abrüstungsfragen, der Organisation des Vertrags über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen, dem Generaldirektor der IAEO und den Parlamenten der fünf ständigen Mitglieder des VN-Sicherheitsrats zu übermitteln.
Weitere Informationen:
- vollständiger Text der Resolution des Europäischen Parlaments zur nuklearen Sicherheit und Nichtverbreitung von Kernwaffen vom 27.10.2016 (Atomwaffenverbot)
als PDF-Datei: 2016-10-27. — (EP Beschluss) Nukleare Sicherheit und Nichtverbreitung von Kernwaffen
- Englische Version: European Parliament resolution of 27 October 2016 on nuclear security and non- proliferation (2016/2936(RSP)European Parliament resolution of 27 October 2016 on nuclear security and non- proliferation (2016:2936(RSP)
- 24. Dezember 2016: UN-Generalversammlung beschliesst Verhandlungen über Atomwaffenverbot