Stellungnahme des Vorstandes des Willy-Brandt-Kreises zum Inkrafttreten des UN-Atomwaffenverbotsvertrages am 22. Januar 2021:
Am Freitag, den 22. Januar 2021 tritt der globale Atomwaffenverbotsvertrag (AVV) in Kraft, nachdem Honduras als 50. Vertragsmitglied den Vertrag am 24. Oktober 2020 ratifiziert hatte. Er markiert eine neue Phase für das weltweite Bemühen zur Verhinderung eines Atomkrieges, verbietet u.a. den Einsatz von Atomwaffen und spricht sich für weitere, tiefgehende Abrüstung sowie für die globale Eliminierung von Atomwaffen aus. Es ist ein historisches Verdienst, dass erstmalig ein globaler Vertrag auf der Basis der UN-Charta und des humanitären Völkerrechts u.a. den Besitz, die Drohung und den Einsatz von Atomwaffen verbietet. Der Vertrag wurde unter dem Dach der Vereinten Nationen in New York verhandelt und im Juli 2017 von 122 Staaten unterzeichnet. Die Präambel des AVV hebt u.a. hervor, dass „jeder Einsatz von Atomwaffen den Regeln des Kriegsvölkerrechts und den Prinzipien des humanitären Völkerrechts widerspricht“. Er verankert für die Mitgliedsstaaten das Verbot des Einsatzes von Atomwaffen „unter jeden Umständen“, aber auch deren Entwicklung, Testen, Herstellung, Produktion, Beschaffung und Besitz. Den Unterstützern, Mitgliedsstaaten und Aktivisten, die dies möglich gemacht haben, ist an dieser Stelle herzlich zu danken!
Von den Mitgliedsstaaten des AVV wird nicht nur die Abgabe und Zerstörung ihrer Atomwaffenbestände verlangt, sondern auch die „rechtsverpflichtende, zeitgebundene, irreversible Eliminierung“ sowie die Verifikation dieses Prozesses. Noch sind aber keine der neun Staaten mit Atomwaffenbesitz beigetreten. Aber diese Staaten sowie die Länder, auf deren Territorium sich Atomwaffen befinden, sind dazu aufgerufen, die Vertragsinhalte anzuerkennen und selber Beiträge zum Abbau der atomaren Gefahr zu leisten.
Stattdessen drohen neue Wettrüsten und Aufrüstungsspiralen, auch in Europa.
Der AVV ergänzt gültige Non-Proliferationsverträge wie den Nichtverbreitungsvertrag (NVV) von 1968, der im Artikel 6 fordert, dass „in redlicher Absicht Verhandlungen geführt werden über wirksame Maßnahmen zur Beendigung des nuklearen Wettrüstens in naher Zukunft und zur nuklearen Abrüstung.“ Auch das Testverbot des Umfassenden Nukleartestverbotsvertrages CTBT, der von 184 Staaten unterzeichnet wurde, wird ergänzt. Der AVV stärkt zudem das internationale humanitäre Völkerrecht, erinnert die Nuklearwaffenstaaten an die Fortsetzung ihrer Abrüstungsverpflichtungen und delegitimiert Atomwaffen als Machtinstrumente. Er unterstreicht die Tatsache, dass die überwiegende Mehrheit der Staatenwelt den Einsatz und Besitz der Nuklearwaffen als gefährlich, amoralisch und nicht zukunftsfähig ansieht. Die Zahl der Unterstützer und Mitgliedsländer des AVV wird in den nächsten Jahren weiter steigen.
Der WBK hat in seinen Erklärungen zur Atomwaffenproblematik vom 26. Oktober 2020 von der Bundesregierung sowohl „umsetzbare Schritte in Richtung effektiver Kriegsverhütung, Abrüstung, Nichtverbreitung und Rüstungskontrolle“ auf vertraglicher Grundlage, als auch die Unterzeichnung des Atomwaffenverbotsvertrages gefordert. Neben dringend nötigen, einzelnen Schritten zur Stärkung der Rüstungskontrolle in Europa wie z.B. dem verifizierbaren Abzug aller taktischen Nuklearwaffen aus Europa, setzen wir uns dafür ein, dass die Bundesregierung auf die Vertreter des AVV zugeht und gemeinsame Veranstaltungen zu übergreifenden Elementen für die Verifikation und Eliminierung von Atomwaffen initiiert. Im anstehenden Wahlkampf erwarten wir, dass die Parteien sich in ihren Wahlprogrammen klar zur Zukunft der Atomwaffen in Europa angesichts des nun gültigen Atomwaffenverbotsvertrages äußern.
Heidemarie Wieczorek-Zeul – Peter Brandt – Daniela Dahn – Hans Misselwitz – Rainer Land – Irina Mohr
Quelle: 2021-01-20. — Stellungnahme des Vorstandes des Willy-Brandt-Kreises zum Inkrafttreten des UN-Atomwaffenverbotsvertrages am 22. Januar 2021
Weitere Info:
2020-12-17. — Stellungnahme des Willy-Brandt-Kreises zur Ablehnung des Atomwaffenverbotsvertrages durch den NATO-Rat