Auf Einladung der schwedischen Außenministerin Margot Wallström trafen sich am 11. Juni 2019 in Stockholm die Regierungsvertreter von 16 Staaten, unter ihnen überwiegend die Außenminister, um die politische Aufmerksamkeit auf die nuklearen Gefahren zu lenken und den Abrüstungsverpflichtungen der Vertragsstaaten des Atomwaffensperrvertrages (NVV/NPT) neues Leben einzuhauchen.
„Die Situation auf der Welt ist gefährlich, und die Gefahr des Einsatzes von Atomwaffen ist größer als seit vielen Jahren. Wir haben die Initiative zu diesem Treffen ergriffen, weil wir energische Anstrengungen für die Abrüstung unternehmen müssen“, sagte Wallström. „Der NVV/NPT ist das Kernstück für internationale Aktion für Abrüstung und Nichtverbreitung. Die Atomwaffenstaaten sind im Rahmen dieses Vertrages wichtige Abrüstungsverpflichtungen eingegangen, und deshalb konzentrieren wir uns in der Diskussion auf den Atomwaffensperrvertrag.“
An dem Treffen nahmen eine Reihe Regierungen aus atomwaffenfreien Staaten (Argentinien, Finnland, Äthiopien, Indonesien, Jordanien, Kasachstan, Neuseeland, Schweden und die Schweiz) und Staaten teil, die Mitglieder in Bündnissen mit einer Politik der erweiterten nuklearen Abschreckung (Kanada, Deutschland, Japan, Niederlande, Norwegen, Republik Korea und Spanien) sind. Diese Zusammensetzung macht die beteiligten Staaten zu einer sehr glaubwürdigen und potenziell einflussreichen Gruppe, die helfen könnte, die Kluft zwischen nuklearen und nichtnuklearen Staaten zu überbrücken und dazu beizutragen, auf der NVV/NPT-Überprüfungskonferenz 2020 eine Vereinbarung über praktische und substanzielle Schritte auf dem Weg zur nuklearen Abrüstung zu verabschieden.
Das Stockholmer Ministertreffen ist Teil der auf der Sitzung des NVV-Vorbereitungsausschusses im Mai 2019 von Schweden vorgeschlagenen “Stepping Stones-Initiative“.
Die Minister veröffentlichten eine gemeinsame Erklärung, in der sie ihr gemeinsames Ziel einer “atomwaffenfreien Welt” bekräftigen und den Aufruf des Generalsekretärs der Vereinten Nationen unterstützten, Abrüstung und Nichtverbreitung wieder ganz oben auf die internationale politische Agenda zu setzen.
Sie forderten konkrete Abrüstungsmaßnahmen, die gemeinsam mit den Atomwaffenstaaten vorangetrieben werden könnten, darunter „Maßnahmen zur Verringerung der Rolle von Atomwaffen in Doktrinen und Politik, Maßnahmen zur Verbesserung der Transparenz und zur Verringerung jeglicher Gefahr des Einsatzes von Atomwaffen, Verstärkung der negativen Sicherheitsgarantien, Weiterentwicklung der Maßnahmen zur Überwachung der nuklearen Abrüstung und der Bekämpfung der Produktion von spaltbarem Material. “
Die in Stockholm diskutierten konkreten Abrüstungsmaßnahmen sind näher erläutert im Arbeitspapier – „Unlocking disarmament diplomacy through a ‚stepping stone’ approach“ („Den Weg für die Abrüstungsdiplomatie freimachen durch einen ‚Schritt-für-Schritt’-Ansatz“) – , das Schweden dem Vorbereitungsausschuss für den NVV im Mai 2019 vorgelegt hatte. Staaten auf der NVV-Überprüfungskonferenz 2020 eine Reihe von Maßnahmen zu vereinbaren, darunter:
- Stärkung der Norm gegen jeden Einsatz von Atomwaffen, zum Beispiel durch die ausdrückliche Feststellung, dass “ein Atomkrieg nicht gewonnen werden kann und niemals geführt werden darf”;
- Verhinderung des Ausbruchs eines Atomkrieges durch Festlegung auf den Nicht-Ersteinsatz von Atomwaffen.
- Zusage der noch ausstehenden Ratifizierungen aller Protokolle für regionale atomwaffenfreie Zonen (NWFZ), verbunden mit der verbindlichen Zusage der Atomwaffenstaaten, niemals den Vertragsstaaten der NWFZ mit Atomwaffen zu drohen oder gegen sie einzusetzen;
- Festlegung klarer Unterscheidungsmerkmale zwischen konventionellen und nuklearen Trägersystemen, um einen Atomkrieg durch Missverständnisse oder verschleierten Atomwaffeneinsatz („Mission Creep“) zu vermeiden;
- Erhöhung der Vorwarnzeit für den Start von Atomwaffen, um den irrtümlichen Einsatz zu vermeiden, z.B. durch Rücknahme von Atomwaffen aus dem Höchstalarmzustand und Beendigung der Politik des „Abschuss nach Warnung“ („launch on warning“).
Die “Stepping Stone”-Initiative knüpft an an die New Agenda Coalition, die bei der NVV Überprüfungskonferenz im Jahre 2000 maßgeblich zur Übereinkunft der Atomwaffenmächte und ihrer Verbündeten über 13 praktische Abrüstungsschritte beitrug. Sie setzt weiterhin auf Ideen anderer Initiativen, wie die “Building Block” Vorgehensweise der VN Open Working Group in 2013 und der Nicht-Verbreitung und Abrüstungsinitiative, die 2010 von 12 Regierungen ins Leben gerufen wurde. Das “Stepping Stone” -Konzept wurde in Zusammenarbeit mit dem British-American Security Information Centre (BASIC) entwickelt.
Quelle: Bericht von Alyn Ware, Koordinator der PNND, über das Stockholmer Treffen von 16 Vertragsstaaten des Atomwaffensperrvertrages
Weitere Hintergrundinformationen:
- PNND-Info über das Spitzentreffen in Stockholm in Stockholm: High-level meeting in Stockholm injects life into the NPT nuclear disarmament commitments
- BASIC Report: Stepping Stones to Disarmament – Making Progress in a Polarised International Climate
- 25 April 2019, (NPT/CONF.2020/PC.III/WP.33) – Preparatory Committee for the 2020 Review Conference of the Parties to the Treaty on the Non-Proliferation of Nuclear Weapons / „Unlocking disarmament diplomacy through a “stepping stone” approach“ – Working paper submitted by Sweden
- 11.06.2019, Pressemitteilung: Außenminister Maas reist nach Stockholm / – https://www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/aussenminister-maas-reist-nach-stockholm/2225280