Die weltweite COVID-19-Pandemie hat die Verschiebung der 10. Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrags (NVV/NPT) auf Anfang 2021 erzwungen. Das berichtete Daryl G. Kimball in der Aprilausgabe von „Arms Control Today“.
Am 30. März 2020 bekräftigte das United Nations Office for Disarmament Affairs in einer schriftlichen Note offiziell die Verschiebung der NPT-Überprüfungskonferenz auf einen „späteren Zeitpunkt, sobald die Umstände es erlauben, nicht später als April 2021“.
Alle anderen damit verbundenen geplanten Vorbereitungstreffen, Konsultationen, NVV-Workshops in Jordanien, Mexiko und Thailand, wurden verschoben. Ein von den USA geplantes drittes Treffen der Arbeitsgruppe für die “Schaffung einer Umwelt für nukleare Abrüstung”, das für den 8. bis 9. April in Washington geplant ist, wurde ebenfalls abgesagt.
Die Blockfreien-Bewegung von 120 Mitgliedstaaten hatte bereits am 12. März eine Verschiebung der Überprüfungskonferenz auf April oder Mai 2021 empfohlen.
Hintergründe:
Die Überprüfungskonferenz sollte eigentlich vom 27. April bis 22. Mai im UN-Hauptquartier in New York stattfinden – mit Vertretern der meisten der 191 Vertragsstaaten und Beteiligung von zahlreichen Nichtregierungsorganisationen.
Die alle fünf Jahre stattfindende Konferenz soll die Umsetzung und Einhaltung des Atomwaffensperrvertrages überprüfen und sich auf Maßnahmen zur Vertragserfüllung einigen. Die letzte NPT-Überprüfungskonferenz im Mai 2015 war ohne Ergebnisse abgeschlossen worden.
Nach dem Scheitern der NPT-Überprüfungskonferenz im Mai 2015 hatte die Generalversammlung der Vereinten Nationen (GV-VN) im Oktober 2015 die Einberufung einer Open Ended Working Group (OEWG) zur nuklearen Abrüstung und über mögliche Verhandlungen über ein Atomwaffenverbot verabschiedet.
Die Bundesregierung stimmte 2015 sowohl gegen den Bericht der OEWG als auch gegen die Empfehlung, Verhandlungen über einen Atomwaffenverbotsvertrag zu beginnen, die die UN-Generalversammlung am 23.12.2016 beschloss.
Der ausgearbeitete Vertrag wurde am 7. Juli 2017 mit 122 Stimmen angenommen. Bis heute haben 82 Staaten unterzeichnet, 36 Staaten – darunter Österreich – den Vertrag ratifiziert. Nach der 50. Ratiizierung würde der Vertrag geltendes Völkerrecht.
Vor diesem Hintergrund wird die Frage besonders spannend, ob die Verschiebung der NPT-Überprüfungskonferenz auf das Jahr 2021 die NPT-Erfolgsaussichten vergrößern oder verringern kann.
Sollten die USA sich weiter weigern, den einzigen verbliebenen Rüstungskontrollvertrag mit Russland über Atomwaffen – den 2021 auslaufenden New-START-Vertrag über strategische Waffen – zu verlängern, dürfte die Zukunft des Atomwaffensperrvertrages noch mehr gefährdet sein als 2015 und das Atomwaffenverbot stärker in den Vordergrund rücken.
Die Diskussion, „warum wir ein weltweites Atomwaffenverbot brauchen“ wurde nicht nur von ICAN, IPPNW, den Mayors for Peace und vielen Gruppen der Friedensbewegung, sondern auch von immer mehr Bundestagsabgeordneten geführt, die sich aus den Fraktionen von CDU/CSU, SPD, Linken und Grünen im Parlamentskreis Atomwaffenverbot zusammengefunden haben. Sie setzen sich seit September 2019 “über Fraktionsgrenzen hinweg für eine atomwaffenfreie Welt und die Unterzeichnung des Atomwaffenverbotsvertrages durch die Bundesrepublik Deutschland” ein.
Der EKD-Friedensbeauftragte Renke Brahms warnte anlässlich des 50. Jahrestages des Atomwaffensperrvertrages am 05.03.2020: „Wenn die derzeitigen Nuklearmächte keinen ernsthaften Willen an den von ihnen in diesem Vertrag bereits seit 50 Jahren zugesagten Abrüstungsverpflichtungen zeigen, dann ist das NPT-Regelwerk als Ganzes gefährdet“. New York und die Überprüfungskonferenz seien wohl die letzte Chance, so Brahms, im Rahmen des Nichtverbreitungsvertrages doch noch zu einer atomaren Abrüstung zu kommen. „Ansonsten gibt es zum Atomwaffenverbotsvertrag wirklich keine Alternative mehr“.
Dieser Auseinandersetzung will sich nun auch die SPD-Bundestagsfraktion stellen, wie sie in ihrem am 03. März veröffentlichten Positionspapier „Sicherheit durch Dialog, Transparenz und Vertrauen bekundet:
Gruppen der Friedensbewegung hatten bereits im Dezember 2019 in einem offenen Brief an den SPD-Bundesparteitag gefordert “Angesichts des Zusammenbruchs der nuklearen Rüstungskontrolle, eines neuen atomaren Wettrüstens und der wachsenden Kriegsgefahr müsse sich die SPD für Dialog und Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft öffnen.”
Angesichts der Verschiebung der NPT-Überprüfungskonferenz auf das Jahr 2021, in dem das Ende des NEW-START-Vertrages und damit der atomaren Rüstungskontrolle droht, wird das UN-Atomwaffenverbot sicher zum Thema für die Debatte über die notwendigen Fortschritte für nukleare Abrüstung, auf die sich die NVV/NPT-Vertragsstaaten „aus Sicht der SPD-Fraktion auf eine neue Agenda für Abrüstung und Nichtverbreitung von Atomwaffen einigen“ sollten.
Weitere Infos:
- April-Ausgabe von Arms Control Today: Daryl G. Kimball: NPT-Überprüfungskonferenz auf 2021 verschoben
- 30.März 2020: United Nations Office for Disarmament Affairs, Documentation for the NPT Review Conference (Nonverbale Note des an die Non-Proliferation Treaty (NPT)-Vertragsstaaten)