Der INF-Vertrag von 1987 gilt zu Recht als Meilenstein und als wesentliches Kernelement kooperativer Sicherheit in Europa, weil er erstmals eine ganze Kategorie gefährlicher Raketensysteme komplett beseitigte. Zusammen mit der bereits erfolgten Kündigung des Iran-Abkommens und der im Jahr 2021 womöglich ausbleibenden Verlängerung des noch wichtigeren sogenannten New START-Abkommens, das die Anzahl der strategischen Atomwaffen begrenzt, droht ein völliger Zusammenbruch der internationalen Rüstungskontrollarchitektur mit unabsehbaren Folgen für die globale Sicherheit. Sollte New START tatsächlich nicht verlängert werden, gäbe es zum ersten Mal seit 1972 keine rechtlich bindenden und überprüfbaren Begrenzungen der amerikanischen und russischen Nukleararsenale mehr. ... Spätestens jetzt ist offensichtlich, dass die einseitige Stationierung der US-amerikanischen Raketenabwehr in Osteuropa und die Kündigung des ABM-Vertrages über die Begrenzung derartiger Systeme durch den ehemaligen Präsidenten George W. Bush als ein großer Vertrauensbruch gegenüber Russland wahrgenommen wurde. Die Belastungen sind bis heute spürbar... Alle Anstrengungen müssen auf neue Rüstungskontroll- und Abrüstungsverträge gerichtet sein, unter Einbeziehung der Raketenabwehr. Deutschland und Europa dürfen niemals wieder zum Austragungsort atomarer Kriegsspiele werden. Mit der SPD wird es jedenfalls keine neuerliche Stationierung amerikanischer Mittelstreckenraketen in Deutschland geben.
SIPRI Direktor Dan Smith über die zusammenbrechende Architektur der Rüstungskontrolle
Präsident Trumps Ankündigung des Ausstiegs der USA aus dem INF-Vertrag bestätigt eine seit Jahren andauernde Entwicklung: Die Architektur der russisch-amerikanischen Rüstungskontrollvereinbarungen über Nuklearwaffen zerbricht. Nach dem Ende des Kalten Krieges wurden auf der Grundlage des 1972 vereinbarten Vertrages zur Begrenzung von Raketenabwehrsystemen (ABM-Vertrag) vier neue Bausteine der Ost-West-Rüstungskontrolle aufgebaut: - der INF-Vertrag von 1987 zur Abschaffung landgestützte Mittelstreckenraketen, der Vertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa von 1990 (KSE-Vertrag), - der Vertrag von 1991 über Abbau und Begrenzung strategischer Offensivwaffen (START I) von 1991 und der Vertrag zur weiteren Verringerung und Begrenzung strategischer Offensivwaffen (New START)von 2010d - die gemeinsamen Präsidenten-Nuklearinitiativen (PNI) von 1991: einseitige, aber vereinbarte parallele Abrüstungsmaßnahmen der Sowjetunion und der USA zur Beseitigung tausender taktischer Atomwaffen kurzer Reichweite.
Appelle an Präsident Obama für atomwaffenfreie Welt – was wurde daraus?
Am 08. Januar 2009 - anlässlich des ersten Amtsantritts von Präsident Barack Obama - veröffentlichten Helmut Schmidt, Richard von Weizsäcker, Egon Bahr und Hans-Dietrich Genscher ("D 4") in der New York Times und in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung einen gemeinsamen Appell an Präsident Obama für eine atomwaffenfreie Welt und "aus deutscher Sicht die Erwartungen, die sich an die Präsidentschaft Barack Obamas knüpfen". Kurze Zeit danach, am 05. April 2009, bekannte sich Präsident Obama in seiner Prager Rede in durchaus ähnlicher Weise zur schrittweisen Abschaffung aller Atomwaffen, zur Zusammenarbeit, und -- im Falle eines Vertrages mit dem Iran über einen Stopp seines Atomwaffenprogramms -- zur Beseitigung der US-Raketenabwehrsysteme in Europa....