In seiner Stellungnahme zum 1. September 2020 hat Norbert Walter-Borjans u.a. betont, der Antikriegstag müsse Anlass sein, “sich wieder auf den Wert von Entspannung, auf Verhandeln statt Säbelrasseln und auf die Fähigkeit zu besinnen, den Blickwinkel der anderen mitzudenken.” Seine Erklärung hat folgenden Wortlaut:
«Nie wieder! Was für uns in Deutschland zu einem Leitmotiv der Friedens- und Entspannungspolitik geworden ist, klingt mit Blick auf viele Teile der Welt geradezu zynisch. Millionen Menschen fürchten in Kriegs- und Krisengebieten tagtäglich um ihr Leben. Tagtäglich fordern Gräueltaten dort zahllose Opfer. Dabei kommen immer wieder deutsche Rüstungsgüter zum Einsatz.
Der Antikriegstag, der Jahrestag des perfiden deutschen Überfalls auf Polen und Beginn des Zweiten Weltkriegs vor 81 Jahren, ist deshalb viel mehr als ein Mahnmal. Er muss ein Weckruf bleiben, endlich damit aufzuhören, Menschenleben als Spielball enthemmter Machtpolitik und für wirtschaftliches Gewinnstreben zu missbrauchen. Deutschland hat dabei eine historisch gewachsene Sonderrolle. Deutsche Politiker der ersten Stunde nach der Befreiung vom verbrecherischen Nazi-Regime haben die Hand ergriffen, die ihnen von den Siegern entgegengestreckt wurde. Militärisch und wirtschaftlich.
Der Wert der Bereitschaft zur Versöhnung von beiden Seiten ist nicht hoch genug einzuschätzen. Der Wert der darauf aufbauenden Entspannungspolitik ebenso.
Der Antikriegstag muss Anlass sein, sich wieder auf den Wert von Entspannung, auf Verhandeln statt Säbelrasseln und auf die Fähigkeit zu besinnen, den Blickwinkel der anderen mitzudenken. Das macht man nicht, in dem wir uns einreden lassen, 75 Jahre nach dem Ende der menschengemachten Katastrophe endlich „normal“ zu werden und wieder kriegsbereit zu sein.
Wir wollen nicht Eskalation importieren, sondern aus bitterer Erfahrung entstandene Entspannungspolitik und respektvolles Miteinander exportieren. Das war immer ein Erkennungszeichen sozialdemokratischer Politik und muss es bleiben. Das beginnt weit vor dem heißen Konflikt. Es beginnt beim Respekt gegenüber Mensch und Umwelt bei uns und anderswo.
Rüstungsgüter gehören nicht in Krisengebiete und in die Hände von Diktatoren. Wohlstand hier, der auf Ausbeutung basiert, ist früher oder später Ursache von Elend, Flucht, Vertreibung, Umweltzerstörung – und Krieg. Und Nachlässigkeit in der Abwehr jeder Art von Rechtsextremismus, Rassismus und Hetze ist die Saat für neues Unheil, wie es zum 1. September 1939 geführt hat. Das dürfen wir nie vergessen – und danach müssen wir handeln!»