Mit dieser wenig ermutigenden Botschaft veröffentlichte The International Asia Today am 04. 12.2021 ein ausführliches Interview zur russischen Außenpolitik mit Dmitri Trenin, dem Direktor des Carnegie Moscow Center. Das Interview führte Sabir Askeroğlu. Hier einige von uns ins Deutsche übersetzte Zitate aus dem Interview:
Frage: Der Donbas ist eine der kritischsten Regionen an der russischen Grenze. Es wird befürchtet, dass es zu einem Krieg zwischen Moskau und Kiew kommen könnte. Die Ukraine entfernt sich Tag für Tag weiter von Russland. Ist dieser Zustand vorteilhaft für Russland? Russland hat klar und deutlich erklärt, dass es keinen Krieg an seiner Grenze haben möchte. Allerdings sind Spuren des Krieges doch auch zu spüren. Auch das Normandie-Format, mit dem der Krieg im Donbas gelöst werden sollte, scheint nicht mehr zu funktionieren. Was denken Sie darüber?
Trenin: Im Donbas ist kein Krieg, sondern ein ungelöster Konflikt. Es könnte jedoch ein Krieg in der Region ausbrechen. Es könnte zu einem Konflikt zwischen der Ukraine und Russland im Besonderen und dem Westen und Russland im Allgemeinen kommen. Die Regierung in Kiew ist antirussisch eingestellt, vertritt eindeutig eine prowestliche Position und strebt einen Bruch mit Moskau an. Diese Situation stellt natürlich eine Gefahr für Russland dar. Der Kreml hat nicht die Absicht, einen Krieg gegen die Ukraine zu beginnen. Sollte Kiew jedoch versuchen, den Donbas unter militärische Kontrolle zu bringen, wird Russland nicht zögern, darauf zu reagieren.
Wir haben eine ähnliche Situation erlebt, als Russland 2008 gegen den Einmarsch der georgischen Streitkräfte in Südossetien auf Befehl des ehemaligen georgischen Präsidenten Michail Saakaschwili Stellung bezogen hat. Andererseits funktioniert das Normandie-Format nicht, da Paris und Berlin kürzlich Kiew unterstützt haben. Der einzige potenzielle Verhandlungskanal in Bezug auf den Donbas könnte der Dialog zwischen Moskau und Washington sein, der noch entwickelt werden muss. Es sei darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit eines Krieges in der Schwarzmeerregion, die im Zusammenhang mit der Ukraine in den Vordergrund getreten ist, für alle sehr riskant ist.
Frage: Was sollten Russland, die Ukraine und Europa (jetzt die USA) tun, um das Problem Kiew zu lösen, das für Russland eine unnötige Krise darstellt?
Trenin: Beim nächsten Treffen sollten sich die Präsidenten Russlands und der USA auf die Ukraine-Frage konzentrieren und sich auf die Umsetzung der Minsker Vereinbarungen einigen. Dies ist der einzige Weg. Der Präsident der Ukraine, Wladimir Zelenski, wird in Moskau nicht als Partei akzeptiert. Deutschland und Frankreich werden von Russland nicht mehr als Macht angesehen, die die Ukraine zur Umsetzung der Minsker Vereinbarungen zwingen kann.
Frage: Sehen Sie in den russisch-amerikanischen Verhandlungen in dieser Frage eine Hoffnung?
Trenin: Es besteht die Hoffnung auf eine prinzipielle Normalisierung der Arbeit der diplomatischen Vertretungen in der Ukraine. Die Umsetzung dieser Maßnahmen erfordert jedoch in erster Linie den politischen Willen des Präsidenten der Vereinigten Staaten. Auf der Arbeitsebene gab es bisher Fortschritte nur in Fragen wie der strategischen Stabilität und der Klimapolitik.
Quelle: 2021-12-04. — (The Asia Today) — Dmitry Trenin: “Russia’s confrontation with the West will not end in the near future”
Textauszug, von der Redaktion (Maria Wildenhain) ins Deutsche übersetzt.
Weitere Info: 2021-11-19. — (Carnegie Moscow Center, Dimitri Trenin) — Die russische Außenpolitik wechselt den Gang