von Wolfgang Biermann und Burkhard Zimmermann
Neue Entspannungspolitik JETZT! (INEP) / Détente NOW! / Политика разрядки, немедленно!
Im Herbst 2016 startete die Initiative „Neue Entspannungspolitik JETZT!“ ihre Arbeit: Im Sommer 2015 hatte Egon Bahr nach Rückkehr von einer Buchvorstellung mit Mikhail Gorbatschow in Moskau [1] angeregt, dass Unterstützer des Berliner Appells „für eine neue Entspannungspolitik“ und des Willy-Brandt-Kreises miteinander beraten sollten, wie man über Parteigrenzen hinweg – z.B. mithilfe des Internets – Informationsarbeit für eine neue Entspannungspolitik verstärken könnte…
Von dem Treffen im Oktober 2015, an dem Egon Bahr leider nicht mehr teilnehmen konnte, veröffentlichte Pax Christi eine „Gemeinsame Erklärung über Ergebnisse des Gedankenaustauschs von Friedensinitiativen“ [2], in der es u.a. hieß:
Unterzeichner/innen des „Berliner Appells“, Vertreter/innen des „Willy-Brandt-Kreises“, des „Ostausschusses der deutschen Wirtschaft“ und der „Initiative für eine Neue Ostdenkschrift“, … berieten in Berlin über die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Zivilgesellschaft und Politik zur Unterstützung einer Erneuerung der deutschen und europäischen Friedenspolitik. … Auch unter veränderten Rahmenbedingungen gilt das Vermächtnis von Willy Brandt und Egon Bahr weiterhin: Sicherheit wird es in Europa nur gemeinsam mit Russland geben. … Sie setzen sich dafür ein, den sich anbahnenden Rüstungswettlauf in Europa zu stoppen, Atomwaffen abzubauen und Stationierung von weiteren Raketenabwehrsystemen zu verhindern. Das betrifft sowohl die Rüstungspläne der NATO als auch Russlands.
Pax Christi, Meldung: Für eine neue Friedens- und Entspannungspolitik JETZT!, 08. Okt 2015
Eine kleine Gruppe von uns bekam den Auftrag, daraus einen Entwurf für den Internetauftritt zu machen. Im August 2016 stimmten wir das „Editorial” für den Aufbau der Website mit Initiatoren – aus Gewerkschaften, Kirchen, Friedensgruppen, Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW), International Campaign to Abolish Nuclear Weapons (ICAN), Ostausschuss der Wirtschaft, Parlamentarisches Netzwerk für nukleare Abrüstung und Nichtverbreitung (PNND) und aus den USA Daniel Ellsberg – ab und warben für Unterstützung des Editorials für die Website.
Durch die unerwartet große Unterstützung aus der Zivilgesellschaft beiderseits des Atlantik wurde aus dem Editorial mit rund 120 ErstunterzeichnerInnen aus den USA und Europa ein transatlantischer Appell „Die Spirale der Gewalt beenden – für eine neue Friedens- und Entspannungspolitik JETZT!“, für den wir nach Einrichtung der Website – in deutscher, englischer und nunmehr auch in russischer Sprache – weitere Unterstützer sammelten.
Ein Beispiel für die positive Resonanz ist die Stellungnahme von William van den Heuvel, Präsident des „Amerikanischen Komitees für Ost-West-Verständigung“ (ACEWA), früher Jimmy Carters UNO-Botschafter und Gründer des Franklin and Eleanor Roosevelt Instituts: Euer Editorial drückt aus, was ich zutiefst glaube, nämlich dass eine „neue Entspannungspolitik“ notwendiger denn je ist, um die Krisen zu bewältigen, die zur militärischen Konfrontation und Möglichkeit eines Krieges beitragen.
Aufruf und Erstunterzeichner wurden in den USA am 06. Dezember 2016 u.a. in der Wochenzeitung The Nation mit einem Beitrag von Gilbert Doctorow, Ute Finckh-Krämer, Ludger Volmer, Rolf Ekéus und Noam Chomsky oder Gruppen der US-Friedensbewegung, in den USA bekannt gemacht.
Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW informierte international auf ihrer Website über die Initiative und fasste die Intention des Bündnisses folgendermaßen zusammen:
”Die wachsenden Spannungen zwischen der NATO und Russland beunruhigen viele Menschen auf beiden Seiten des Atlantiks. Unter dem Motto „Die Spirale der Gewalt beenden – für eine neue Friedens- und Entspannungspolitik jetzt!“ haben Persönlichkeiten aus Politik und Zivilgesellschaft aus Deutschland und den USA einen transatlantischen Appell für eine neue Entspannungspolitik mit Russland initiiert. „Immer mehr setzen die NATO und Russland auf Abschreckung durch Aufrüstung und Drohungen gegeneinander statt auf gemeinsame Sicherheit durch vertrauens- und sicherheitsbildende Maßnahmen, Rüstungskontrolle und Abrüstung. Sie missachten damit auch ihre Verpflichtungen zum Aufbau einer gesamteuropäischen Friedensordnung, zur Stärkung der Vereinten Nationen und zur friedlichen Beilegung von Streitfällen mit einer obligatorischen Schlichtung durch eine Drittpartei,“ heißt es in dem Aufruf.
Die UnterzeichnerInnen, zu denen Vertreterinnen und Vertreter aus Kirchen, Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft gehören, drängen auf eine breite gesellschaftliche und parteiübergreifende Debatte zur Durchsetzung einer neuen „Entspannungspolitik jetzt!“
Mehrere Persönlichkeiten aus der Friedensbewegung unterstützen den Aufruf, darunter die IPPNW-Vorsitzende Susanne Grabenhorst, IPPNW-Vorstandsmitglied Dr. Sabine Farrouh und IPPNW-Ehrenvorstand Prof. Dr. Ulrich Gottstein, die Bundesvorsitzende der katholischen Friedensbewegung pax christi Wiltrud Rösch-Metzler, Dr. Christine Schweitzer, Co-Geschäftsführerin des Bundes für Soziale Verteidigung.
Aus der US-amerikanischen Friedensbewegung haben Helen Caldicott, eine der Gründerinnen der Physicians for Social Responsibility, Ira Helfand, Co-Präsident der IPPNW, David Krieger, Präsident der Nuclear Age Peace Foundation und der Philosoph und Linguist Noam Chomsky den Aufruf unterzeichnet. Weitere prominente Journalisten, Publizisten und Künstler aus den USA haben diesen Aufruf unterschrieben und so ein deutliches Signal für eine Zusammenarbeit über den Atlantik hinweg gegeben. Außerdem finden sich auch Vertreter aus Schweden, den Niederlanden, Belgien, Australien, Bulgarien, Großbritannien, Kanada und Polen unter den Unterstützern.
Zu den bekannte Namen von Erstunterzeichnern aus der deutschen Politik gehören beispielsweise die ehemaligen Bundesminister Björn Engholm, Herta Däubler-Gmelin und Renate Schmidt, die Bundestagsabgeordneten Gernot Erler, Gregor Gysi und Johannes Kahrs, der frühere Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye, der ehemalige EU-Kommissar Günter Verheugen, der frühere EKD-Auslandsbischof Martin Schindehütte sowie der jetzige Bremer Bürgermeister Carsten Sieling wie sein Vorgänger Henning Scherf.” [3]
Info der IPPNW.de: Für eine Neue Entspannungspolitik JETZT!
Mit dem Aufbau der Website möchte die Initiative „Neue Entspannungspolitik JETZT!” (INEP) durch Informationen, Internet-Vernetzung und persönliche Kontakte aus unserem Unterstützerkreis helfen, Brücken zwischen Zivilgesellschaft und etablierter Politik/ Fraktionen und Parteien zu bauen und im Dialog miteinander konkrete Schritte zur Entspannungspolitik beraten und entwickeln.
In der Initiative wirken friedenspolitisch besorgte Bürgerinnen und Bürger aus der Zivilgesellschaft, aus den Kirchen, aus Politik, Wirtschaft und den Gewerkschaften aus mehreren Ländern zusammen. Die Initiative ist an keine Partei oder politische Richtung gebunden. Was uns deutschlandweit und international eint, ist der Willen, an einer friedlichen Weltordnung zu arbeiten.
Schwerpunkt der INEP ist nicht die Organisation von Veranstaltungen oder Kundgebungen, sondern in erster Linie die Unterstützung der Debatte zwischen Zivilgesellschaft und Politik für eine neue Entspannungspolitik durch Bereitstellung von Information über Initiativen, Artikel und Stellungnahmen aus Deutschland und anderen Ländern zu den Themenbereichen: Entspannungspolitik / Rüstung und Rüstungskontrolle / Krisen und Konflikte / UN und OSZE“. Aber mit der Website, in Zukunft auch mehr Info-Broschüren und regionalen Gruppen wie z.B. der Nürnberger Initiative für „Neue Entspannungspolitik JETZT!“ wollen wir zur Unterstützung von Dialogen und Verbesserung der Öffentlichkeitsarbeit beitragen.
INEP kooperiert dabei mit ICAN, IPPNW, und PNND und veröffentlicht auf ihrer Website auch Übersetzungen von Beiträgen aus der linksliberalen US-Wochenzeitung The Nation, vom Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) und anderen internationalen friedenspolitischen Informationsdiensten und Friedensinstituten.
Mit Informationen über Städtepartnerschaften mit Russland und anderen zentral- und osteuropäischen Staaten zum Abbau der Konfrontation und Aufbau von Gesprächskreisen wollen wir zur Diskussion über vertrauensbildende Maßnahmen und Abrüstungsschritte beitragen.
Im Oktober 2017 unterstützte unsere Initiative mit einer Reihe von Erstunterzeichnern den Aufruf „Abrüsten statt Aufrüsten“. Wir verbinden das mit der Unterstützung der ICAN-Kampagne für das UN-Atomwaffenverbot.
Wir wollen zur Verbreitung der Informationen über von ICAN und den Mayors for Peace (BürgermeisterInnen für Frieden) organisierten Kampagnen und Aktionen beitragen, insbesondere die inzwischen auch von zahlreichen Abgeordneten, Bürgermeistern und Städten unterschriebenen „ICAN-Briefe“ mit der Forderung nach einem Beitritt Deutschlands zum UN-Atomwaffenverbot.
Wir verbinden dies mit der Unterstützung von Initiativen für Abrüstung und Rüstungskontrolle, für das UN-Atomwaffenverbot, für Abzug der Nuklearwaffen statt einer „Modernisierung” der deutschen Trägermittel (Kampfflugzeuge) für taktische US-Nuklearwaffen, für Erhalt/Rettung von Rüstungskontrollverträgen und andere Schritte zu einer neuen Entspannungspolitik. Wer friedenspolitische Informationen für die INEP-Website beisteuern möchte, wende sich bitte an info@neue-entspannungspolitik.berlin oder redaktion@neue-entspannungspolitik.berlin.
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- [1] Bahr und Gorbatschow sprachen anlässlich der Vorstellung der russischen Ausgabe des Buches „Am Abgrund, Streitschrift für einen anderen Umgang mit Russland“, von Wilfried Scharnagl (ehemals Chefredakteur der CSU-Parteizeitung Bayernkurier, von 1977 bis 2001)
- [2] 08. Oktober 2015, „Gemeinsame Erklärung über Ergebnisse des Gedankenaustauschs von Friedensinitiativen” https://www.paxchristi.de/meldungen/view/5770259873136640/Für%20eine%20neue%20Friedens-%20und%20Entspannungspolitik%20JETZT!
- [3] IPPNW, Für eine neue Friedens- und Entspannungspolitik, Transatlantischer Appell, in: https://www.ippnw.de/relaunch/frieden/konflikte-kriege/artikel/de/fuer-eine-neue-friedens-und-entspan.html